Die Kirche Christi sollte ihre wahre Aufgabe wiederfinden
Interview mit Generalsekretär Pfr. Dimitris Boukis, Athen
Die Kirche Jesu Christi in Europa sollte Anwältin ganz praktischer Lösungen sein
Interview
Mit Generalsekretär Pfr. Dimitris Boukis sprach Ökumenereferetin Sabine Dreßler über die gegenwäritige Stiuation von Flüchtlingen in Griechenland.
Wie erleben Sie die Situation in Athen, wo so viele Flüchtlinge gestrandet sind?
Boukis: Es wird stündlich chaotischer und komplizierter. Die einstigen “Transit-Flüchtlinge” sind jetzt ein “anwachsender Strom” von Menschen, die völlig durcheinander sind, weil ihre Hoffnungen und Träume zum Stillstand gekommen sind in diesen extrem schlecht organisierten Lagern und Hotspots. Keiner weiß, wie viele Flüchtlinge es wirklich sind, und schlimmer noch, scheinen die Einrichtungen der Regierung absolut unvorbereitet zu sein, um Grundbedürfnissen wie Essen und Hygiene angemessen entsprechen zu können. Die “weiterwandernden” Flüchtlinge nehmen jetzt alle möglichen leerstehenden öffentlichen Gebäude in Gebrauch, wie den stillgelegten Flughafen von Athen, einige Sportstadien, ehemalige Militärcamps. Die Versorgung der Menschen ist eine Riesenaufgabe, und die wird zum größten Teil durch Spenden von Organisationen, Geschäftsleuten, Kirchen, lokalen Größen und ganz normalen Leuten finanziert. Unsere Kirche ist hier sehr engagiert, durch die Ausgabe von Essen und Kleidung und durch Programme für Kinder in verschiedenen Stadtteilen Athens.
Ihre Kirche unterstützt ebenso die Menschen in Idomeni. Wie sieht es dort aus, was ist jetzt am dringlichsten, was praktische Hilfe angeht, als auch in politischer Hinsicht?
Boukis: Unsere Kirche ist seit Beginn der Krise in Idomeni vor Ort. Inzwischen ist die Lage außer Kontrolle und verändert sich ständig. Wir wissen nie, was uns erwartet, wenn wir dort ankommen. Die ehemalige Transitstation der UN in Idomeni ist jetzt ein unüberschaubares Flüchtlingscamp mit mehr als 12000 Menschen. Dort sind dringend bessere Unterkünfte und ausreichende Versorgung nötig, ebenso Waschmöglickeiten und Toiletten. Es ist klar, dass die Menschen umziehen müssten in die berüchtigten “hot spots” unweit von Idomeni. Aber auch diese werden nicht mehr als ein Drittel der Leute beherbergen können, die jetzt an der Grenze zu Mazedonien kampieren.
Unsere Kirche versorgt mehr als 6000 Menschen mit Kleidung, Essen, Zelten und Feuerholz, vier Tage pro Woche. Es ist offensichtlich, dass niemand europäische und griechische Regierungsprogramme ersetzen kann, die eine dauerhafte Lösung schaffen müssten für die riesigen Probleme der Flüchtlinge in Idomeni.
Ich bin der Meinung, dass die Kirche eine Lösung anbieten könnte, indem sie an zwei Fronten den Kampf für Menschlichkeit kämpft: zum einen, indem sofort alle mögliche Unterstützung für die Menschen in Idomeni und anderswo aufgeboten wird. Dafür braucht es praktische Unterstützung und finanzielle Großzügigkeit. Am dringensten werden Lebensmittel, Zelte und warme Kleidung benötigt.
Zum anderen ist es für die Kirchen in Europa notwendig, öffentlich jede Politik des Mitgefühls und wirklicher Lösungen zu unterstützen und das heißt, die Politiker zu unterstützen, die ihre Grenzen öffnen um Flüchtlinge zu schützen, während man alles tut, um den Krieg in Syrien zu beenden.
Die “Balkan-Route” ist jetzt geschlossen, die EU ist vollkommen zerstritten und schachert um Flüchtlingszahlen und die “Rückführung” von Flüchtlingen.
Als Christ und als Pastor der Reformierten Kirche: Was ist Ihre Botschaft an die uns, die Kirchen in Europa?
Boukis: Als Pastor einer christlichen Kirche glaube ich, dass die Kirche Christi in Europa ihre wahre Aufgabe wiederfinden sollte und sich den Respekt bei den Menschen in Europa verschafft, indem sie zur Anwältin ganz praktischer Lösungen wird.
Damit dies erreicht wird, müssen die Kirchen Europas aus ihrer Komfort-Zone herauskommen und aufhören, einfach “nationale Kirche” zu sein und stattdessen die erlösende Gegenwart in ganz Europa sein.
Eine solche Gegenwart bedeutet nichts anderes als den von allen Kirchen geteilten Glauben an die Heiligkeit aller Menschen als einem Ebenbild Gottes in die Tat umzusetzen.
Schließlich heißt es: “Reine und unbefleckte Frömmigkeit vor Gott, unserem Vater, ist dies: sich kümmern um Witwen und Waisen in ihrer Not und sich vor der Beschmutzung durch die Welt bewahren.” (Jakobus 1,27)
Wer die Flüchtlingshilfe unterstützen möchte findet hier das Konto:
Greek Evangelical Church
NATIONAL BANK
6 KARAGIORGI SERVIAS ST.
GR 10562 ATHENS
GREECE
IBAN GR 03 0110 1040 0000 1044 8055 185
SWIFT BIC : ETHNGRAA
Information:
Die Evangelische Kirche in Griechenland
Die Evangelische Kirche in Griechenland, ein Mitglied der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, ist die älteste evangelische Kirche in Griechenland, zuerst als Griechische Presbyterianische Kirche von Athen im Jahr 1858 gegründet. Einige Jahre später, in den 1870er Jahren, kam eine zweite Evangelische Kirche kongregationalistischen Ursprungs in verschiedenen Gebieten Kleinasiens und der Pontosregion im Osmanischen Reich hinzu.
Aufgrund ihres gemeinsamen Ursprungs waren beide Kirchen mit dem American Board of Missions eng verbunden. Nach der “Griechischen Tragödie” im Jahr 1922, als Millionen von Griechen gezwungen wurden, die Türkei zu verlassen, schlossen sich beide Kirchen unter dem Namen “Griechische Evangelische Kirche” (ECG) zusammen.
Heute, nach intensiven rechtlichen Bemühungen im Jahr 2014, ist die “Griechische Evangelische Kirche” voll anerkannt als religiöse Körperschaft.
Die ECG ist eine Reformierte Kirche presbyterianischer und kongregationalistischer Ordnung. Zu ihr gehören 33 Kirchen in Griechenland mit insgesamt 5000 Mitgliedern und 28 Pastoren. Zu ihren vielfachen und verhältnismäßig großen diakonischen Einrichtungen bzw. Tätigkeiten gehören Programme für Kinder und Jugendliche, zwei Rehabilitationszentren für Drogenabhängige, seit 1994 ein Haus für Flüchtlinge im Zentrum Athens samt Sprachkursangeboten und eine Einrichtung für Opfer von Menschenhandel. Die ECG ist eine der Hauptunterstützer zweier kirchlicher Seniorenhäuser. Bereits seit den 1880er Jahren gehörte die Kirche dem Reformierten Weltbund an. Zudem ist sie Mitbegründerin des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) und der Konferenz Ev. Kirchen in Europa (KEK) sowie Mitglied der Gemeinschaft Ev. Kirchen in Europa (GEKE).
14. März 2016
Düsseldorf/ekir. „Schon nach wenigen Tagen wurden von Kirchengemeinden und zahlreichen Einzelpersonen insgesamt mehr als 21.000 Euro überwiesen“, freut sich der rehinische Präses Manfred Rekowski, der angesichts der Not der in Griechenland und vor allem an der griechisch-mazedonischen Grenze gestrandeten Flüchtlinge zu Kollekten in Gottesdiensten und zu Spenden aufgerufen hatte.
Erste Fotos aus Idomeni haben die Redaktion erreicht, ein Interview mit Pfarrer Dimitirs Boukis folgt
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