Hugenotten-Oper wider den Krieg zwischen Religionen

Mittwochs-Kolumne - Paul Oppenheim


„Die Hugenotten“ sind überall.

„Die Hugenotten“ sind überall -  Damit meine ich die Oper von Giacomo Meyerbeer. In diesem Jahr wird sie in Kiel, Nürnberg, Würzburg und Berlin aufgeführt. Diese Oper, 1836 in Paris uraufgeführt, wurde in Frankreich  zum größten Publikumsschlager des 19. Jahrhunderts. In Deutschland stieß das Werk schon früh auf Kritik und verschwand, wie das gesamte Werk Meyerbeers, von den Spielplänen deutscher Opernhäuser. Jetzt erleben „Die Hugenotten“ zum Reformationsjubiläum ein verdientes Comeback.

Meyerbeer, der sich aus Liebe zur italienischen Musik den Vornamen Giacomo gab, war 1791 in der Nähe von Berlin als Jakob Liebmann Beer zur Welt gekommen. Seine Familie gehörte zum aufgeklärten jüdischen Großbürgertum. Den Musiker, der sein Leben lang bewusst Jude geblieben ist, zog es zuerst nach Italien, und dann nach Paris. Dort gelang ihm der Durchbruch zum musikalischen Superstar. Obwohl ihn der preußische König 1842 zum Generalmusikdirektor der Berliner Oper ernannte, erfuhr Meyerbeer in seiner deutschen Heimat viel Missgunst, vor allem aber offenen und verdeckten Antisemitismus, nicht zuletzt von Richard Wagner.  Die Nazis haben schließlich die Aufführung aller seiner Werke verboten.

Jetzt ist Meyerbeer wieder da. Als ich „Les Huguenots“ in diesem Frühjahr zum ersten Mal hörte, trafen mich die ersten Klänge völlig unvorbereitet. Die Oper beginnt mit einer Intonation des Luther-Chorals „Ein feste Burg ist unser Gott“, dessen Melodie gewissermaßen als Leitmotiv immer wieder erklingt. Es ist für den deutschen Komponisten die Hymne des Protestantismus schlechthin, auch wenn sie es für französische Reformierte nie gewesen ist.

In dieser Oper geht es um die Feindschaft zwischen Katholiken und Protestanten im Frankreich des 16. Jahrhunderts und um die Geschehnisse während der Bartholomäusnacht. In jener Nacht zum 24. August 1572 wurde die gesamte evangelische Führung ermordet. In den Pogromen der folgenden Tage kamen tausende von Protestanten in ganz Frankreich ums Leben. Die Oper entlarvt die Absurdität der Religionskriege, indem sie zeigt, dass wahre Liebe auch über Konfessionsgrenzen hinweg möglich ist. Margerite von Valois, die katholische Verlobte des hugenottischen Thronanwärters besingt die Liebe, die weder Götter noch Standesunterschiede kennt. In der Schlussszene solidarisiert sich Valentine, die Katholikin, aus Liebe zum Protestanten Raoul mit den verfolgten Hugenotten, und sie wird mit ihnen gemeinsam umgebracht. Dazu ertönt der blutrünstige Schlachtruf der katholischen Soldaten: „Dieu le veut!... oui, Dieu veut leur sang“ (Gott will es..,. Ja, Gott will ihr Blut.)

Im Jahr des Reformationsjubiläums ruft diese Oper die Glaubenskriege ins Gedächtnis, die auch eine Folge der Reformation waren. Mögen wir heute auch mit Unverständnis auf die Feindschaft zwischen Katholiken und Protestanten zurückblicken, so umgibt uns doch, wie nie zuvor, religiöser Fanatismus, der weltweit Terror, Kriege und Flüchtlingselend verursacht. Der Jude Meyerbeer, der zeitlebens mit religiösen Vorurteilen zu kämpfen hatte, hält allen einen Spiegel vor, die ein gleichberechtigtes Miteinander verschiedener Konfessionen und  Religionen nicht ertragen können.

Paul Oppenheim, 9. November 2016

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