Kurzmeldungen




Basketball und Blasorchester

Nes Ammim - aus dem Alltag in einem nicht-alltäglichen Dorf in Israel. 40. Kapitel - März 2017 III

Blasorchester im Kulturzentrum „Beit Nagel“ in Kirjat Chajjim.

Basketballeuropacup - Gebläse

Start
Inhalt Tagebuch

Tobias Kriener erzählt:

Basketballeuropacup

15.3.2017

Heute Abend bin ich doch tatsächlich zum ersten Mal in meinem Leben bei einem Basketballeuropacupspiel gewesen. Und das kam so:
Matthias Braun, Presbyter meiner ehemaligen Herseler Gemeinde und treuer Leser meines Nicht-Blogs (Zitat: „... lange hast Du nichts von uns gehört. Und trotzdem war ich selten so gut im Bilde, was du so alles treibst.“), schrieb mir:
„Ich bin nicht sicher, ob Dich der eigentliche Grund meiner Mail überhaupt interessiert:
Die Basketballer der Telekom Baskets Bonn spielen derzeit recht erfolgreich im FIBA Europe Cup, so eine Art Europa League der Basketballer. Derzeit läuft das Viertelfinale und sie spielen gegen eine israelische Mannschaft. Das Hinspiel haben sie recht deutlich gewonnen.
Morgen findet das Rückspiel in Israel statt. Und als ich den Namen des Gegners in der Zeitung las, hab` ich gedacht: Woher kenn ich das?
Naharija hab` ich doch schon mal gehört. Dann machte es klick und ich hab` mal geschaut. Das Spiel sollte nur wenige Kilometer von Euch entfernt um 18.30 unserer Zeit stattfinden. Ironi Naharija heißt der Verein. Nur dass Du nicht sagst, Du hättest es nicht gewusst. Wen Du im Fall der Fälle anfeuerst, bleibt natürlich Dir überlassen.“
Basketball ist nun nicht die Sportart, die mich brennend interessiert.
Zudem war heute Abend ja auch Talmudkurs in der Reformgemeinde in Naharija. Als ich auf der Rückfahrt allerdings den „Heichal HaSport“ (den „Sportpalast“ Naharijas) am Wegesrand liegen sah, bin ich kurz entschlossen abgebogen. Die Kasse war zwar schon zu (das Spiel lief ja schon eine knappe halbe Stunde), aber der Kassierer war noch auf dem Parkplatz und verkaufte mir und einem anderen Nachzügler dann gerne noch zwei Karten zum halben Preis.
Platz war reichlich im Saal – die Spannung hielt sich ja auch in Grenzen nach der deutlichen Niederlage im Hinspiel mit 21 Punkten Unterschied.
Diesmal hat Naharija mit 90 : 80 gewonnen – aber ist dennoch ausgeschieden. Ich war wohl der Einzige im Saal, dessen Herz für die Bonner schlug – wenn auch nicht sonderlich heftig; Bonner Fans waren weit und breit nicht zu entdecken.
Aber es war nett, mal bei so einer Veranstaltung zu sein. Basketball sieht schon sehr ansprechend aus, wenn sie ihre Dunkings zelebrieren oder schöne Kombinationen zaubern. Selbstverständlich gehören Cheerleader dazu: pausbäckige Konfirmandinnen, die in den Pausen aufs Spielfeld rennen und mit ihren Puscheln rumwedeln. Am niedlichsten sind aber die beiden Jungs, die immer wieder mit ihren Wischmobs aufs Feld müssen, um Schweiß aufzuwischen.
Die Mannschaften bestehen natürlich zu 80 % aus Afro-Amerikanern. Die größte Attraktion auf dem Platz war allerdings ein erschröcklich anzuschauender Wikinger mit monumentalem Bart und zum Dutt hochgebundenen langen blonden Haaren namens Skoldebaeck – ich vermute mal Schwede. Bei den Bonnern war ein Herr Koch dabei - das könnte ein Original-Deutscher sein. Die Israelis hatten einen Berkowitz in ihren Reihen – ein Name, der an die große israelische Basketballlegende aus den 70er und 80er Jahren erinnert, damals, als wir tatsächlich mit Maccabi Tel Aviv mitgefiebert und 1977 wie 1981 deren erste Europacup-Siege mitgefeiert haben. 1981 waren auf dem Rathausplatz in Tel Aviv mindestens so viele Leute wie ein Jahr später zur großen Friedensdemo gegen den Libanonkrieg. Übrigens: Bei beiden Titelgewinnen war ich im Lande – wenn das kein gutes Omen für die Chancen der israelischen Basketballclubs in den nächsten 3 Jahren meines Hierseins ist – auch wenn's dieses Jahr nix geworden ist mit Ironi Nahrija (was übrigens nichts mit Ironie zu tun hat, sondern zu Deutsch „städtisch“ heißt).

Gebläse

21.3.2017

Jou, Leute: Heute Abend habe ich erstmals seit dem Verlassen deutschen Bodens wieder ernsthaft geblasen – und zwar wie man bei uns zu Hause wahrscheinlich dazu sagen würde in einem Blasorchester, denn es sind auch jede Menge Saxophone und Klarinetten und Flöten dabei – und ein Schlagzeug und ein E-Bass. Es ist also nicht der klassische Posaunenchor – aber es machte nichtsdestotrotz jede Menge Spaß: Die Leute haben mich total nett aufgenommen; sie üben gerade ein Programm zu Ehren von Elvis ein (mit „In the Ghetto“ und „Can't help falling in love“ und „Green, green grass of home“ – mal ganz was anderes, aber richtig cool).
In der Pause haben 2 Geburtstagskinder einen ausgegeben – des geht hier natürlich nicht mit Kölsch, sondern mit Humus und Cola ... Aber im Blick auf den 2. Oktober überlege ich schon, woher ich ein Fässchen Kölsch kriegen könnte. Muss mal unseren Nachbarn, den Hobbybierbrauer, fragen, ob er mir ein Kölsch braut.
Und am Schluss wollten dann einige Mitbläserinnen mich gleich für eine weitere Band keilen, die gerade keine Posaune hat und dringend eine sucht: Freitagabend – nur 1 1/2 Stunden – jazziger als dieses Ensemble – und es kostet auch nix (im Unterschied zu Menachems Blasorchester, das monatlich 170 Schekel kostet) – und sie waren wirklich seeehr charmant ... Aber ich habe widerstanden: 1 Abend pro Woche Blasen – mehr geht nicht!

Es könnte vielleicht doch was werden mit dem Heimischwerden hier...


Dr. Tobias Kriener, Studienleiter in Nes Ammim, März 2017
Leben in Israel zwischen Golan und Sinai, Mittelmeer und Jordan, unter Juden, Muslimen, Christen, Agnostikern,Touristen, Freiwilligen - Volontären, Israelis, Palästinensern, Deutschen, Niederländern, Schweden, Amerikanern undundund

Ein Fortsetzungs-Tagebuch auf reformiert-info. Von Tobias Kriener
 

Nach oben   -   E-Mail  -   Impressum   -   Datenschutz