Ecce homo - Jüdische Künstler malen Jesus

Nes Ammim - aus dem Alltag in einem nicht-alltäglichen Dorf in Israel. 41. Kapitel

Identifikation mit dem leidenden Jesus

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Inhalt Tagebuch

Tobias Kriener erzählt:

28.03.2017

Letztes Wochenende haben wir uns verwöhnt, indem wir in Jerusalem im Schottischen Hospiz übernachtet haben: Das hat erstens einen tollen Panoramablick auf die Altstadt, zweitens einen Parkplatz direkt vorm Haus, liegt drittens total zentral, hat viertens ein sehr reichhaltiges Frühstücksbuffet, und ist einfach ein sehr stilvolles, komfortables Haus.

Gegönnt haben wir uns u.a. Siedler auf Ivrit für den Hebräischunterricht in Nes Ammim, leckeres Essen am Freitagmittag im Mahane Jehuda, Abends zur Kabbalat Schabbat bei Danielle und Michael Krupp, Samstagabend im alten Bahnhof direkt um die Ecke vom Schottischen Hospiz, und dann v.a. die Ausstellung im Israelmuseum „Säh Ha Isch“ (Ecce homo - Sehet, welch ein Mensch): Wie jüdische und israelische Künstler_innen des 19. und 20. Jh. Jesus gesehen haben. Das vorherrschende Motiv dabei: Die Identifikation mit dem leidenden Jesus. Das ist schon atemberaubend und tief bewegend, wie diese absolute Tabufigur des rabbinisch geprägten Judentums mit der Aufklärung und Emanzipation v.a. in ihrer Leidensgeschichte (und nicht etwa mit ihrer Lehre oder ihrer Schriftauslegung oder ihren anschaulichen Gleichnissen und Erzählungen) wieder als Genosse und Gefährte eingeholt wird. Angesichts dieser an die Substanz gehenden Beschäftigung mit dem, was von diesem Juden erzählt wird, hat sich für mich jedes Ansinnen, Juden die „wahre“ Bedeutung Jesu nahebringen zu wollen (also jedwede „Judenmission“ - oder welchen Tarnnamen sich solche Unternehmungen immer geben mögen), als einfach nur peinlich banal erledigt.

Im Museumsshop haben wir dann nicht nur den Katalog erstanden, sondern konnten auch nicht widerstehen, einen sehr schönen Rucksack noch zu kaufen. Luxuswochenende, wie gesagt - oder: Die Hedonistenchristen waren unterwegs und haben dem Museum guten Umsatz beschert ... Da am Schabbat die Museumscafeteria natürlich zu hatte, haben wir unseren wohlverdienten Kaffee an dem kleinen Kiosk auf dem Parkplatz (zu Füßen der Knesset, wenn man das so sagen kann...) getrunken.

Und am Sonntag wurden wir dann in der Erlöserkirche im Gottesdienst vorgestellt bzw. konnten uns selbst vorstellen. Mal wieder ein schöner Gottesdienst mit allem Drum und Dran (und als Zugabe einer Buxtehude-Kantate). Ein willkommener Anlass, Kontakt zu vielen alten Freund_innen aufzufrischen und zu neuen, spannenden Leuten aufzunehmen.

So haben wir z.B. neuerdings zwei Brot-für-die Welt-Kolleg_innen in Beit Sahour - Jon und Anisa -, die auch tatsächlich in Beit Sahour wohnen.

Ich bin schon sehr gespannt darauf, sie zu besuchen - ein Anknüpfungspunkt mitten in der arabisch-palästinensischen Gesellschaft.

Zurück in Nes Ammim musste ich gleich umpacken, denn heute früh um 5.30 Uhr ging's gleich wieder weiter zur 2. Runde „Westbankseminar“. 


Dr. Tobias Kriener, Studienleiter in Nes Ammim, März 2017
 

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