Ostern in Nes Ammim

Nes Ammim - aus dem Alltag in einem nicht-alltäglichen Dorf in Israel. 44. Kapitel

Von Gründonnerstag bis Ostern

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Inhalt Tagebuch

Tobias Kriener erzählt:

17.4.2017 

Für Gründonnerstag hänge ich Euch einfach meine Predigt mit den dazugehörenden Bildern aus der Ausstellung im Israelmuseum an.

Karfreitag verlief nicht wie gedacht, weil Schuli nicht in ihr Flugzeug gelassen wurde, da sie mit ihrer Sicherheitsüberprüfung nicht rechtzeitig fertig wurden. So musste sie die Nacht im Flughafen Luton verbringen und traf erst am Nachmittag in Israel ein. Ich sage nur: El Al – die haben wirklich einen an der Waffel mit ihrer speziellen Sicherheits-„Philosophie“... So habe ich dieses Jahr die orthodoxe Karfreitagsliturige in Mi'elya nicht miterleben können – aber ich sage mir, dass ich ja nächstes Jahr noch die Gelegenheit haben werde (sub conditione Jacobaea).

Samstag haben wir dann eine kleine private Familienexkursion nach Zefat gemacht. Das Wetter war recht kühl und wolkig – was schöne Licht- und Farbeffekte beim szenischen Blick auf den Berg Meron ergab. (Auf der Rückfahrt gerierte er sich dann als regelrechter Gottesberg, als er sich gänzlich in Wolken hüllte – weil ich am Steuer saß, konnte ich das leider nicht fotografieren).

Zefat ist einerseits natürlich schon sehr malerisch, aber auch ziemlich vergammelt und verhunzt. Man weiß nicht, was man sich wünschen soll: Die Altstadt von Jaffo ist demgegenüber ja sehr durchgestylt – aber eben auch dementsprechend „gentrifiziert“: Das ist wirklich nur noch ein Museum, wo kein wirkliches Leben mehr stattfindet. Das „wirkliche Leben“ in Zefat macht demgegenüber allerdings einen einigermaßen heruntergekommenen Eindruck – was womöglich auch damit zu tun hat, dass die Bevölkerung inzwischen fast durchweg ultraorthodox zu sein scheint, was bedeutet, dass sie relativ arm ist – auch eine Form der „Gentrifizierung“, die ja u.a. auch in Jerusalem ihre besonderen kommunalpolitischen Probleme mit sich bringt.

Abends war dann noch „Generalprobe“ für den Ostermorgengottesdienst: Durch Rainer und Doro sowie durch Schulamit und die Bochumer Verwandtschaft (Cousine Karin und ihr Mann Andreas) hatten wir endlich mal ein Ensemble zusammen, mit dem wir vierstimmige Choräle singen konnten. Das hat große Freude gemacht – ebenso wie die Posaunenbegleitung zu „Christ ist erstanden“ früh um 6 am Friedhof. Von dort sind wir mit der neuen Osterkerze (wunderschön gestaltet von den Volos – da fiel kaum noch ins Gewicht, dass sie – natürlich! – erst mit 5 Minuten Verspätung am Ort des Geschehens eintraf) zum HOPS gegangen, das ganz in österlichem Weiß geschmückt war, wo wir Rainers Predigt über die Leere als notwendige Voraussetzung für die Osterfreude hörten und Abendmahl mit Mazzen feierten. Anschließend war Osterfrühstück auf der Wiese, einerseits weil wir in der Pessachwoche keinen Oster-Hefezopf im Chader Ochel essen können – aber andererseits vor allem, weil es bei herrlichem Frühsommerwetter einfach wunderschön war.

Das Ostereiersuchen am Nachmittag haben wir leider verpasst, weil wir am Strand waren: Katja hat sich im doch noch ziemlich kalten Wasser getummelt, während Schuli und ich einfach in der Sonne lagen und dem ungemein entspannenden Rauschen der Brandung zugehört haben. Man kann einfach nicht alles haben.

Abends dann waren wir in der Reformsynagoge in Naharija zum letzten Abend von Pessach, an dem noch einmal die Haggada gelesen wurde. Das fiel für mich diesmal ein klein bisschen ab gegenüber dem Rest des Tages: Gefallen hat mir, dass viele Gemeindeglieder und auch Gäste an der Lesung beteiligt wurden. (Der „originale“ Rainer, der natürlich sehr herzlich begrüßt wurde, hatte die Ehre, einen Abschnitt lesen zu dürfen – inzwischen erwarte ich es gar nicht mehr anders: die schon oft erwähnte große Offenheit für christliche Gäste und ihre selbstverständliche Integration!) Drei Mal wurde intensiv gesungen: Zu Beginn „Hine ma tov“, und dann aus der Haggada „Dajeinu“ und „Echad mi jode'a“. Nett waren auch die kleinen Gags beim Durchgehen der 10 Plagen:
Bei der Heuschreckenplage z.B. wurden fiese kleine Gummispinnen und -insekten durch den Raum geworfen; beim Hagel so eine Art Tischtennisbälle usw. Aber insgesamt ging es sehr im Galopp durch die Haggada – das Ziel war v.a. schnell zum Essen zu kommen, das sich für mein Gefühl sehr hinzog und mehr durch Masse als Klasse beeindruckte. Da hätte ich mir eher noch ein paar Einblicke gewünscht, wie eine Reformgemeinde die Haggada versteht und auf sich und ihre aktuelle Situation bezieht. Aber ich gestehe ein, dass meine Erwartungen da wahrscheinlich unrealistisch sind. Wenn ich nicht noch so unter dem Eindruck unseres wirklich wunderbaren Ostermorgens gestanden hätte, wäre ich wahrscheinlich mit diesem Abend auch rundum zufrieden gewesen.


Dr. Tobias Kriener, Studienleiter in Nes Ammim, April 2017

Predigt am Gruendonnerstag. Von Tobias Kriener

 

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