Das Wort läuft nicht

Mittwochs-Kolumne - Klaus Bröhenhorst


Das Wort läuft - Ist natürlich Kirchensprache – so etwas. Normale Menschen sprechen so nicht. Normale Menschen fragen: Wieso kann das Wort laufen? Muss es das? Reicht es nicht, wenn es gesprochen wird? Zum Beispiel: „Hey, du da! Läuft bei dir?“ Wer ist überhaupt „das Wort“? Ist es eine Person? Könnte es das „Seepferdchen“ machen? Sie wissen schon: Sprung vom Beckenrand und 25 Meter Schwimmen sowie Heraufholen eines Gegenstandes mit den Händen aus schultertiefem Wasser. Könnte das Wort das? Sie und ich – wir wissen: „Das Wort“ kann das nicht. „Das Wort“ ist eine Kurzformel. Eine Kurzformel für die gute Botschaft, sofern sie Menschen erreicht und zu Herzen geht. Aber tut das „das Wort“? Heute?

Gottes Wort läuft schnell, behauptet zwar Psalm 147,15. Es kann das; denn es ist nicht gebunden, sagt der 2. Timotheusbrief. Ja, jeder Mensch lebt von ihm (Matthäus 4,4). Es müsste begehrter sein als das Klingeln des Eismannes, wenn der durch unsere Straße fährt. Aber es „klingelt“ nicht. Und was sich auf den Straßen bewegt am Sonntagmorgen – da bewegt der Eismann mehr.

Hellmuth Traub meint 1946, als er auf die Bekenntnissynode von Barmen zurückblickt: „Da wären wirklich Ansätze einer neuen Reformation gewesen. Sie ist nicht geschehen; das Wort lief nicht.“ 2017, im Jahr des Reformationsjubiläums, sehe ich noch nicht einmal Ansätze. Eine neue Reformation geschieht nicht. Viel Gutgemeintes geschieht, aber nichts Durchschlagendes. „Wir hatten nur unsere eigenen Gedanken im Kopf“, sagt Hellmuth Traub 1946 selbstkritisch. Nur unsere eigenen Gedanken. Vermutlich war das so. Und ist ja auch kaum zu vermeiden. Wenn ich diese Zeilen schreibe, sind das auch meine eigenen Gedanken. Man müsste auf neue Gedanken kommen. Auf ganz neue.

„Bitte, gib mir nur ein Wort“, singt die Gruppe „Wir sind Helden“. Im Internet wird dieses Lied als „Liebeslied“ tituliert. Ein Liebeslied. Das hat mich nachdenklich gemacht. Die Reformation als Liebesgeschichte? „Das Wort“ als Liebesbrief? Die Frage Jesu „Hast du mich lieb?“ (Johannes 21,16) als entscheidend? Ich ahne, dass darin etwas „schlummert“. Vielleicht wird es wach. Kann sein, dass es dann sogar „läuft“.

 

Mitteilung von Gudrun Kuhn:

Lieber Herr Bröhenhorst,

Ihr Wort läuft mir direkt ins Herz!

Liebe Grüße,

G. Kuhn


Pfr. Klaus Bröhenhorst, 28. Juni 2017