Er kapiert es nicht. Wir denn?

Einspruch! - Mittwochs-Kolumne von Georg Rieger


Foto: Georg Rieger

Verallgemeinerung ist üblich, in vielen Fällen aber grausam. Der amerikanische Präsident geht mit schlechtem Beispiel voran.

Es ist ja langsam schon etwas billig, sich mit Donald Trump auseinanderzusetzen. Seine Motive sind so verblüffend durchschaubar, dass es einem den Atem verschlägt. Mit was man so alles durchkommen kann im Leben, wenn man nur ein Lauf hat!

Bezüglich des Einreisestopps will er ja nicht lockerlassen. Und so wie es aussieht, findet er bestimmt noch ein Gericht, das ihm recht gibt.

So lange aber dürfen wir uns noch darüber wundern, dass DJT nicht zu kapieren scheint, warum ihm selbst gewogene Juristen das nicht durchgehen lassen, dass er Menschen aus sieben Nationen pauschal zu unerwünschten Personen erklären will. Er will mit dem Kopf durch die Wand und allen Pussies zeigen, wo der Hammer hängt.

Dabei ist die pauschale Verdächtigung auch bei uns nichts Ungewöhnliches. Sie ist Teil des politischen Geschäfts und in der öffentlichen Meinung gang und gäbe. Die Verallgemeinerung scheint eine Neigung des Menschen. Wir kennen sie auch aus dem persönlichen Beziehungsalltag: „Du könntest auch mal wieder die Spülmaschine ausräumen!“ – wer hat sich das nicht schon unberechtigterweise anhören müssen.

Die Aufregung über Trump ist also nur bedingt verständlich, solange wir nicht grundsätzlich etwas aus diesem Affront lernen: Die Verallgemeinerung ist immer eine Vereinfachung. Und sie ist unfair. Ja sogar im höchsten Grade ungerecht. Das ist recht schnell nachvollziehbar, wenn man sich in die Situation eines unberechtigt Beschuldigten versetzt, bei dem es um mehr als eine nicht ausgeräumte Spülmaschine geht.

Also jetzt mal so richtig. Ja, ich muss mir da selbst einen Fall konstruieren. Einen Fall, in dem ich echt in Not bin und wirklich nichts für meine Situation kann; aber da nicht bleiben kann, wo ich bin. Und dann erreiche ich das rettende Ufer, das Land, das mir von Menschenrechten und individueller Freiheit vorschwärmt. Und ich werde abgewiesen, abgeschoben. Zurück in die Hölle, aus der ich gerade komme.

Und das, weil irgendwelche Idioten, die auch aus meinem Land kommen (das stimmt ja im Fall der USA nicht einmal) und die auch meine Feinde sind, sich als Terroristen haben anwerben lassen. Was bitte kann ich dafür? Ja genau, das ist die Frage.

Das hat nichts mit Sentimentalität, Gesinnungsethik oder Gutmenschentum zu tun, sondern das ist logisch, dass das nicht fair ist, sondern grausam. Und genau das passiert täglich tausende Mal – in unterschiedlichsten Konstellationen, in unterschiedlichen Ländern – auch hier in Deutschland bzw. an unseren Grenzen. Genau solche Fälle sind eigentlich von der Genfer Flüchtlingskonvention gemeint und geschützt.

In manchen Diskussionen – nicht nur an Stammtischen, sondern auch ganz offiziell im Fernsehen – habe ich das Gefühl, dass dafür jedes Verständnis verloren gegangen ist. Schön, dass – ganz aktuell – wenigstens was Afghanistan angeht, die Proteste gefruchtet haben.

In anderen Fällen hilft gegen Verallgemeinerung: einfach mal öfter die Spülmaschine ausräumen.

Seite zur Genfer Flüchtlingskonvention