Reformationstag – Süß oder sauer?

Mittwochs-Kolumne von Paul Oppenheim


© Pixabay

Es ist unfair und eigentlich verfassungswidrig, dass Arbeitnehmer im Süden der Republik mehr freie Tage haben als im Norden. Die Abschaffung des bundesweiten Feiertags am Buß-und Bettag hat dieses Unrecht nicht beseitigt. Nachdem der 31. Oktober 2017 in allen Bundesländern gesetzlicher Feiertag war, diskutiert man in Norddeutschland die Einführung eines zusätzlichen arbeitsfreien Tages und der Reformationstag hat gute Chancen es zu werden.

In Mecklenburg-Vorpommern ist der Reformationstag bereits gesetzlicher Feiertag und es soll eine einheitliche norddeutsche Initiative geben, diesen arbeitsfreien Tag auch in Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein einzuführen. Dafür spricht die evangelische Prägung Norddeutschlands, wenn auch dort die Mehrheit der Bevölkerung inzwischen nicht mehr zur evangelischen Kirche gehört. Als starker Konkurrent tritt neben den Gedenktag an Martin Luthers Thesenanschlag der Buß-und Bettag, der 1995 abgeschafft wurde.

Stefan Weil, Ministerpräsident Niedersachsens und selber katholischer Herkunft, hat sich im Wahlkampf für den Reformationstag stark gemacht, aber von vornherein mit schlechtem Gewissen, denn es ging ihm nicht um den evangelischen Feiertag, sondern um einen „Tag des Interreligiösen Dialogs“. Genau gegen einen solchen Dialogtag ausgerechnet am Gedenktag für den Antisemiten Martin Luther läuft seither die jüdische Gemeinschaft Sturm. Auch Katholiken finden den Feiertag zu Ehren des „Antipapisten“ nicht besonders attraktiv.

Als einen reinen evangelischen Feiertag würden ihn Juden und Katholiken wohl dulden, aber immer stärker melden sich diejenigen zu Wort, die religiöse Feiertage für überholt hatten und sich einen weltlichen Festtag wünschen, etwa zum Gedenken an das Ende des 2. Weltkriegs oder einen Tag der Menschenrechte. Innerhalb der evangelischen Landeskirchen ist man gemischter Meinung.
In der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung votierte immerhin 49% der Leserschaft zugunsten des Reformationstages und in Schleswig-Holstein unterstützen CDU und SPD gemeinsam diesen Vorschlag. Der Vorschlag von Ministerpräsident Weil scheint sich also durchzusetzen, aber es gibt sehr gute Gründe gerade als evangelischer Christ dagegen zu sein. Die Einführung des 31. Oktobers als schul- und arbeitsfreier Feiertag würde nämlich der Ausbreitung von Halloween Vorschub leisten und die Möglichkeit der Gestaltung des Reformationstags im Rahmen des Religionsunterrichts verhindern.

Aus Grundschulen, Kneipen und Warenhäusern ist das heidnische Spuk- und Hexenfest jetzt schon nicht mehr wegzudenken. Innerhalb kürzester Zeit würden Halloweenkostüme und Gruselpartys um sich greifen und den Reformationstag in den Schatten stellen. Abgesehen von schlecht besuchten Gottesdiensten hätte die evangelische Kirche schließlich nichts gewonnen.


Paul Oppenheim