Wie halten Sie's mit dem Karneval - als eingefleischter Reformierter und als eingefleischter Rheinländer?
Bukowski: Generell muss ich gestehen, dass bei mir in solchen Fragen das Rheinische überwiegt. Insofern kann ich den Rheinländern ihren Karneval jedenfalls sehr gönnen. Er ist eine Chance, sich humorvoll mit dem, was ist, auseinander zu setzen. Und auch von den Zwängen des Alltags eine Unterbrechung in Richtung Exzess zu nehmen, kann eine befreiende Wirkung haben – das will ich festhalten trotz der nicht zu bestreitenden Ambivalenz solcher Ausbrüche. In meiner Jugend war das anders: Da galt Karneval als zwielichtige Angelegenheit für Katholiken, zu der Protestanten vornehm auf Distanz zu gehen hatten. Darunter habe ich gelitten und finde es auch falsch. Um ein anderes Beispiel zu nennen: In der Parole „Brot statt Böller“ bündelt sich für mich das, was ich am Protestantismus nicht mag.
Aktiv nehme ich am Karneval allerdings nicht teil. Das hat aber vor allem mit meinem jetzigen Wohnort zu tun: In Wuppertal – man mag´s mir verzeihen – erlebe ich Karneval als eher aufgesetzt und bemüht denn als authentisch und gelungen.
Haben Sie schon einmal eine Büttenpredigt gehalten?
Bukowski: Eine Büttenrede habe ich noch nicht gehalten, aber ich moderiere seit vielen Jahren den humoristischen Abschlussabend, der einen festen Bestandteil jeder EKD-Synode bildet. Hier kann man – gerade nach heftigen Auseinandersetzungen – erleben, welch verbindende und befreiende Kraft das gemeinsame Lachen, zumal das Über-sich-selbst-Lachen entwickelt. Man sagt mir nach, ich sei als Animateur dieser Veranstaltung nicht ungeeignet; außerdem haben mich diese Veranstaltungen ermutigt, mich mit dem Humor als Ressource einmal gründlich auseinander zu setzen. Daraus entstand dann meine Kleine Schrift „Humor in der Seelsorge. Eine Animation“.
Dem Rosenmontag folgt der Aschermittwoch und die Fastenzeit. Machen Sie mit beim Fasten oder bei der Aktion Sieben Wochen ohne?
Bukowski: Ja, das tue ich. Ich verzichte auf Alkohol. Und es ist gerade der feste und von vielen gemeinsam gewählte Rahmen, den ich als heilsam und hilfreich empfinde. An der ganzen Aktion bejahe ich vor allem, dass sie mithilft den Wert des „Äußerlichen“ wieder zu entdecken. Also nicht, wie im Protestantismus üblich, den Weg von Innen nach Außen zu gehen, also von der Haltung zur Handlung, vielmehr von Außen nach innen: Von geregeltem Handeln hin zu innerer Veränderung. Was die Chancen auch dieser Richtung angeht, haben wir noch viel Nachholbedarf.
Gehört zu diesem „Nachholbedarf“ auch, dass es uns Reformierten gut täte, mit einem Feiern des Kirchenjahres über Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten, Advent und Weihnachten hinaus ein wenig Rhythmus in das gemeindliche Leben zu bringen?
Bukowski: Ich finde ja. In unserer Reformierten Liturgie haben wir deshalb dem Kirchenjahr deutlich mehr Gewicht gegeben als das in früheren Auflagen der Fall war. Und mir scheint, es ist uns gelungen, dies so zu tun, dass die Bibelzentriertheit und das grundsätzliche biblische Zeitverständnis des „wandernden Gottesvolkes“ dabei nicht auf der Strecke bleiben. In unserer Tradition finden sich viele Stimmen, die an dieser Stelle vor einer Baalisierung der Kirche gewarnt hätten. Diese Warnung ist gewiss immer wichtig, sie aber an einem Festkalender fest zu machen, will mir nicht einleuchten. Man ist immer gut beraten, nicht klüger sein zu wollen als die Bibel. Der Glaube Israels lehrt uns, dass es hilfreich ist, die Botschaft (jedenfalls auch) jahreszeitlich und insofern zyklisch anzudocken. Dabei bleibt der Inhalt der Botschaft gerade nicht auf der Strecke…
Vielen Dank für das Gespräch.
21. Februar 2014