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Nachdenken über Metaphern: das Selfie
Notat to go - Barbara Schenck
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Wow. Eine neue Metapher, die Rede von Gott in der Sprache unserer Zeit – und nebenbei ein frisch-fröhlich originelles Kolumnen-Thema.
2002 erst ward das Wort Selfie geboren (vermutlich), im November 2013 wurde es schließlich vom Oxford English Dictionary zum „Wort des Jahres 2013“ erklärt, mittlerweile ist es auch im online Duden verzeichnet als das „mit der Digitalkamera (des Smartphones oder Tablets) meist spontan aufgenommenes Selbstporträt einer oder mehrerer Personen“.
2014 nun ist das Selfie bereits Metapher für das Verhältnis Gott – Jesus. Selfie klingt nicht so menschlich-männlich wie Vater – Sohn, nicht so schrecklich kompliziert wie das In- und Miteinander von zwei Personen, gar drei, wesensgleich innerhalb der Trinität.
Vergleichspunkt der Metapher von Jesus als Selfie ist das Selbstbildnis, klar. Aber wie war das noch in der Bibel? Nach dem Bilde Gottes geschaffen sind die Menschen. Wir sind Gottes Selfie! Ich bin Gottes Selfie! Und als „wahrer Mensch“ natürlich auch Jesus. Von den Erwählten wiederum sagt Paulus, Gott habe sie dazu bestimmt, „nach dem Bild seines Sohnes gestaltet zu werden“ (Römer 8,29).
Selfietypisch ist das Festhalten eines Moments. Die meisten Selfies verschwinden schnell auf der Timeline der Social Media, anders als das das gerahmte Studio-Foto in der Schrankwand der Großeltern. Jesus eine Momentaufnahme Gottes? Schnell verschwunden, vergessen? Die neu angestoßene Bedeutung öffnet Abgründe.
Ich bin schon nicht mehr ganz so begeistert von der neuen Metapher und surfe ein wenig im World Wide Web, nur um festzustellen: originell ist die Metapher auch nicht mehr. Bereits im Dezember 2013 war sie Aufhänger einer Weihnachtspredigt.
Dann finde ich auch noch den Cartoon von David Hayward, alias nakedpastor: Jesus nimmt ein Selfie.
Und gerade, als ich dabei bin, die fertig getippte Kolumne ins Internet zu stellen, erscheint auch noch der Post des Sonntagsblatts mit dem Selfie-Zitat.
Nichts Originelles auf reformiert-info. Kolumnistin Barbara ein Selfie des Schöpfers?
Gefühlt bin ich grad‘ ein Pixel. Das hab‘ ich jetzt von dieser digitalen Metapher.
*Nicolas Berg, Luftmenschen. Zur Geschichte einer Metapher. Toldot – Essays zur jüdischen Geschichte und Kultur 3, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2014 (2008)
Barbara Schenck, 16./17. September 2014