Kneucker: Frage der Minarette und Frage der Kreuze unterschiedlich beurteilen
Die Frage der Minarette sei anders zu beurteilen als die der Kreuze, betonte auch der juristische Oberkirchenrat, Raoul Kneucker. "Die Minarette gehören zu Orten der konfessionellen Selbstausübung einer Religion und damit zur kollektiven Selbstausübung der Religion, und das ist selbstverständlich zu genehmigen." Klassenzimmer oder Gerichte dagegen seien öffentliche Räume eines neutralen Erhalters, nämlich des Staates. "Wenn die Frage der Religionsfreiheit zur Kulturfrage gezogen wird, dann haben wir ganz schnell einen Kulturkampf", warnte Alev Korun, die Integrationsbeauftragte der Grünen. Da hinein passe dann auch der Begriff des "christlichen Abendlandes". Aber im 21. Jahrhundert gehe es einfach um die Frage: "Sollen Kreuze im öffentlichen Raum angebracht sein, wo Religion nichts zu suchen hat, wie etwa bei Gerichten oder in Schulen?" Zur "Nüchternheit" mahnte Herbert Kohlmaier, Mitbegründer der römisch-katholischen "Laieninitiative" zur Überwindung des Priestermangels. Es handle sich bei dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht um eine Attacke auf das "christliche Abendland", sondern um eine juristische Entscheidung, "die nachvollziehbar ist". Selbstverständlich seien Symbole wichtig, "aber ist nicht wichtiger als alle Symbolik, dass wir christlich leben? Was nützt das Kreuz in der Schule, wenn die Eltern zu Hause ein ganz falsches Vorbild leben?"
Moderiert wurde die Veranstaltung vom Publizisten Peter Pawlowsky, eingeladen hatten die Fakultätsvertretungen Evangelische und Katholische Theologie an der Universität Wien.
Quelle: epdÖ vom 16. Dezember 2009 auf www.evang.at >>>