Bad Berleburg. „Adel und Frömmigkeit“ - der Buchtitel irritiert: Der Adels-Stand wurde in Deutschland 1919 aufgehoben, das Wort „Frömmigkeit“ wirkt in der Gegenwart oft aus der Zeit gefallen. Doch nicht so im 17. und 18. Jahrhundert. Die Dissertation von Ulf Lückel widmet sich den Berleburger Grafen und dem Pietismus in ihren Territorien, konkreter gesagt: den Wittgensteiner Grafschaften und ihrer historische Entwicklung, den Voraussetzungen für das Eindringen des Pietismus in das Wittgensteiner Land und seinen Anfängen in der Zeit von 1699 bis 1712 sowie der Blütezeit des Pietismus in Wittgenstein (1712 bis 1741).
Ulf Lückel untersucht die sozialen, ökonomischen, theologischen und persönlichen Faktoren, die zu dieser einzigartigen Konstellation in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Wittgenstein führten. Die unterschiedlichen Gruppierungen von der Sozietät der Eva von Buttlar über die Inspirationsbewegung, die Neutäufer um Alexander Mack in Schwarzenau, die Gründung einer Herrnhuter Brüdergemeine des Grafen Nikolaus Ludwig von Zinzendorf bis hin zum Großprojekt der sogenannten ‚Berleburger Bibel‘ werden erörtert und liefern ein fesselndes und facettenreiches kirchen-historisches Bild Wittgensteins in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Der heimische Adel prägte maßgeblich die Frömmigkeitsgeschichte der Region. Für die Forschungsarbeit gewährte die fürstliche Familie zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg in Bad Berleburg, namentlich SD Gustav Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg, Ulf Lückel uneingeschränkten Einblick in alle familiären Akten, Korrespondenzen und in die Privatbibliothek der Fürstlichen Familie.
Der aus Girkhausen stammende Autor Ulf Lückel ist in Wittgenstein ein bekannter Mann. Er hält an verschiedenen Orten im Evangelischen Kirchenkreis Wittgenstein Gottesdienste und spielt die Orgel, ist der Schriftleiter im Wittgensteiner Heimatverein und begeistert seine Zuhörerschaft in historischen Vorträgen der heimischen Kreisvolkshochschule, bei denen er mühelos und kurzweilig den komplizierten Balanceakt zwischen „lehrreich“ und „unterhaltsam“ schafft.