Für die Szenen liegt während des ganzen Gottesdienstes ein langes blaues Tuch als „Jordan“ quer vor dem Abendmahltisch. Emil und Paula bzw. Johannes sind während der Anspiele jeweils durch den Jordan von der Gemeinde getrennt, so dass sich die Gemeinde also „im gelobten Land“ befindet.
Für die Johannes-Szene steht ein Eimer Wasser bereit, in dem geplätschert wird, sobald Johannes in den Jordan tritt. 2 Personen heben dann das blaue Tuch langsam vor Johannes hoch, während dieser redet, bis er in den Fluten „untergeht“. Hinter dem Tuch wird Johannes schnell mit einem Becher Wasser übergossen.
Guter Gott!
Danke, dass wir heute hier sein können!
Gesund und munter.
aber auch voller Dinge,
die uns belasten, Sorgen machen, Ängste, Krankheit, Nöte, Traurigkeit.
Gott, wir wollen nun alles ablegen.
Wir wollen frei werden.
Wir wollen neu anfangen.
Neu anfangen in unserem Leben.
Neu anfangen mit Dir!
Lass uns heute das erfahren:
Dass Du uns diese Möglichkeit gibst.
Dass Du uns entgegenkommst als barmherziger Vater
Für einen Neuanfang.
Dass Du uns begleitest als rettender Bruder
Für einen Neuanfang.
Dass Du uns erfüllst als Heiliger Geist
Für einen Neuanfang in unserem Leben mit Dir!
Amen!
Erzähler: Wir machen nun eine kleine Zeitreise. Vor über 3000 Jahren – so erzählt es die Bibel – floh eine kleine Gruppe von Sklaven aus Ägypten. Offenbar wollten Sie nicht weiter Pyramiden bauen. Die Gruppe, wir kennen sie als „das Volk Israel“, floh also und irrte dann unter der Führung des Mose auf der Suche nach einer neuen Heimat viele Jahre lang durch die Wüste. Nach 40 Jahren kommen Sie endlich zum Fluss Jordan. Am anderen Flussufer liegt das gelobte Land. Am anderen Flussufer sollen sie endlich eine Heimat finden. Am anderen Flussufer kann ihr neues Leben beginnen.
Wir hören (und sehen) nun ein Gespräch der beiden letzten Nachzügler des Volkes Israel, als sie an den Jordan kommen.
In der Bibel steht von diesem Gespräch nichts – aber ich bin mir ganz sicher, dass es stattgefunden hat...
Emil: O Mann! 40 Jahre in der Wüste! Das macht ganz schön Hunger!
Paula: Und Durst!
Emil: Und die Füße tun mir weh – Autsch!
Paula: So ist das kein Leben! Immer nur in der Wüste rumrennen! Keine Pause. Keine Ruhe. Morgens das Zelt abbauen, Essen machen, die Kinder versorgen, sich mit den Nachbarn streiten, durch die Wüste laufen, wieder Essen machen und weiterlaufen. Am Abend das Zelt wieder aufbauen, sich mit den neuen Nachbarn streiten und schon ist der Tag wieder rum. So ist das doch kein Leben!
Emil: Man müsste neu anfangen können. Raus aus dieser Tretmühle hier. Nur Arbeit und Rumrennerei – und für was? Neu anfangen müsste man können!
Paula: Ach ja! Noch mal neu anfangen. Das wäre schön! Weißt Du noch, vor (schaut auf die Uhr) 39 Jahren? Da hatten wir die Chance, neu anzufangen. Aber wir haben’s vertan. Und sind wieder in der Wüste gelandet. Ehrlich gesagt, mal unter uns: Ich glaube, es gibt gar kein anderes Leben als Wüste. Alles nur ein Traum, den man uns erzählt hat, damit wir auch schön jeden Tag schön weiterlaufen.
Emil: 39 Jahre! Damals hat Mose uns noch geführt! Also, wenn es stimmt, was unser neuer Führer, der Josua sagt, dann haben wir bald wieder eine Chance zum Neuanfang.
Paula: Ja, ja. Das würde ich auch sagen, wenn ich er wäre.
Emil: Nein, wirklich! Er sagt, wir müssen nur noch über diesen Fluss da drüben, den Jordan, und schon sind wir da in unserem neuen Leben!
Paula: (steht direkt am Flussufer und schaut in die Ferne) Fluss? Was für ein Fluss? Siehst Du hier irgendeinen Fluss?
Emil: (steht auch am Flussufer und schaut auch in die Ferne) Nein
Paula: (Auf Zehenspitzen) Doch, da ganz weit hinten: Schaut doch mal: Da ist doch ein Fluss!
Emil: (ist einen Schritt weiter gegangen, steht jetzt im Fluss und schaut nach unten) Ich hab schon ganz nasse Füße!
Paula: Huch wir stehen ja schon mitten drin! (gehen schnell wieder raus) – Puh ist das nass! Und du meinst, da auf der anderen Seite soll unser neues Leben anfangen?
Emil: Ja, ja, genau. Da drüben!
Paula: Ach, was wäre das schön! (schaut verträumt auf das andere Ufer) Ach guck doch mal, das ist ja jemand! (ruft zur Gemeinde) Hallo, Sie da! Ja, Sie! Wie ist es denn da drüben so? Sie leben doch ein neues Leben, oder? Ist das schön? Lohnt sich das denn? Wie sieht denn das neue Leben bei Ihnen aus?
Emil: (zu Paula) Also hör mal, das geht jetzt aber zu weit! Du kannst doch nicht einfach die Leute hier anquatschen. Und außerdem musst Du doch wissen, wie Dein neues Leben aussehen soll.
Paula: Was? Das soll ich wissen? O Gott! Ja, keine Ahnung. (schaut träumerisch auf die andere Seite) Naja, also ich würde morgens aufstehen
Emil: Das tust Du so auch!
Paula: Schön spät!
Emil: Das tust Du doch auch so schon. Rate mal, warum wir als einzige Deppen hier noch nicht auf der anderen Seite vom Fluss gelandet sind. Die anderen sind alle schon längst drüben.
Paula: Naja, und nach dem Aufstehen, dann würde ich ... (überlegt)
Emil: Ja?
Paula: ?
Erzähler: Da stehen Sie also, unsere beiden Nachzügler des Volkes Israel und überlegen, ob es sich wohl lohnt, ein neues Leben anzufangen. Letztlich sind sie dann doch hinter den anderen her durch den Jordan gegangen und haben einen Neuanfang gewagt. Ob sich da wirklich so viel geändert hat? Würde sich bei uns wirklich so viel ändern, wenn wir die Chance zu einem Neuanfang bekämen?
Wir wissen nicht, ob sich bei unseren beiden letzten Israeliten, die den Jordan überquert haben, in ihrem neuen Leben dann wirklich so viel geändert hat. Es lag wohl vor allem auch an Ihnen selbst...
Erzähler: Eine zweite Zeitreise. Wir befinden uns nun vor etwa 2000 Jahren und sind wieder am Jordan, dem Fluss, an dem über 1000 Jahre zuvor für das Volk Israel und unsere beiden Nachzügler das Leben neu angefangen hat. Ganz nebenbei gesagt: Auch wenn wir nicht richtig wissen, was aus unseren beiden Nachzüglern wurde ... für das Volk Israel hat das mit dem Neuanfang nicht so richtig gut geklappt.
Es gibt inzwischen schon wieder viele in Israel, die wünschen sich wieder zurück auf die andere Seite des Jordans, um da ein neues Leben anzufangen. In der Wüste. Wo Gott ihnen nahe war. Wo sie nicht von der Mühle ihres Alltags, den großen und kleinen Nebensächlichkeiten des Lebens in Atem gehalten würden. Aber hören Sie selbst, was Johannes, den man später „den Täufer“ nennen wird, zu sagen hat:
Johannes: Also, so geht das nicht weiter! Jetzt bin ich schon über 30 Jahre auf dieser Welt, bald werde ich schon 40, dann ist das Leben rum! Und was sehe ich? Die Leute machen einfach nichts aus ihrem Leben! Sie rennen rum, tun dies, tun das. Arbeit, Kinder, Eigenheim. Alle haben sich ihre Häuschen schön in eine Reihe gebaut – wenn Sie es sich denn leisten können –, der eine pflegt den Garten, der andere nicht, dann streiten sie dadrüber. Aber wirklich LEBEN! Nein, das tut keiner. Das Leben könnte so schön und fruchtbar sein! Aber die Leute verschenken ihre ganze Lebenszeit. Sie machen aus ihrem Leben eine öde Wüste!
Manchen Leuten täte es mal richtig gut, wenn sie wieder in der Wüste wären. Also in der richtigen Wüste: Mit Sonne, ohne Wasser und so. Dann würden spüren, was man zum Leben wirklich braucht – oder eben gerade auch nicht braucht. Eine Wüstenzeit wie damals das Volk Israel. Das täte den Leuten gut, da würden sie sich aber umgucken! Denn in der Wüste, da hilft nur eines: Gott vertrauen. Jaha, das würden die Leute wieder lernen. Auf Gott vertrauen. Den haben sie ganz vergessen in den letzten 1000 Jahren ...
Hmm ... Es ist schon zum Irrewerden. Irgendwie müsste man die Leute dazu bringen, wieder umzukehren. Neu anzufangen. Neu anzufangen mit dem Leben. Und mit Gott. Ein Leben mit Gott. Irgendwie. Aber wie? Hmm ... (Johannes geht langsam im Jordan unter)
Huch! Ich hab ja ganz nasse Füße. Ach, was sage ich Füße. Ich bin ja von oben bis unten nass. Wo bin ich denn jetzt gelandet? (schaut sich um, liest das Schild): J – O – R – D – A – N. JORDAN? Ach der Jordan. Na, klar! Der Fluß, an dem Israel seinen neuen Anfang nach der Wüstenzeit machen konnte. Beinahe wäre ich ertrunken. Und ich bin so in Gedanken versunken, dass ich fast in diesem Fluss ertrinke. Na das wäre ein Neuanfang gewesen...!
Mensch, überhaupt! Das ist es doch! Das ist DIE Idee! Die Leute sollen einen neuen Anfang machen. Dann müssen Sie – na klar! – durch den Jordan gehen! Wie damals das Volk Israel... Alles ablegen, was war. Was sie falsch gemacht haben und neu anfangen. Und zum Zeichen dieses Neuanfangs tauche ich sie hier im Jordan unter. Um den Dreck aus ihren Klamotten zu bekommen. Den Alltagsstaub ihres Lebens, das sie nun nicht mehr führen sollen... Leute, kommt her! Lasst Euch taufen!!! Kehrt um!!! Macht einen neuen Anfang!!! Hier bei mir. Ich bin Johannes der Täufer! Kommt zu mir! Hört auf mit Eurem alten, gottlosen Leben. Tut Buße! Macht einen Neuanfang...
Erzähler: Ja, so hat er gerufen, der Johannes, Johannes der Täufer...
Johannes: Auch Du, kehre um! Du denkst wohl Du bist was besonderes? Ins Wasser mit dir!
Erzähler: ...und wenn wir ehrlich sind: Johannes war ein ganz schön heißblütiger und radikaler Täufer ...
Johannes: (zerrt am Erzähler) ... kommst Du jetzt endlich!
Erzähler: ... er hat die Leute richtig wachgerüttelt und ihnen wirklich ins Gewissen geredet. Viele kamen zu ihm, um sich taufen zu laufen. Ja, ihm selbst wurden es sogar zu viele ...
Johannes: Ach, weißt Du was! Bleib doch, wo Du bist. Du willst doch sowieso keinen Neuanfang machen. Du willst Dich von mir taufen lassen und dann machst Du einfach so weiter wie bisher. PAH! Bleib bloß weg, Du Heuchler!
Erzähler: Ja, liebe Gemeinde! Johannes hat es wirklich ernst gemeint damit, dass die Menschen umkehren sollten. Dass sie ihr Leben von Grund auf ändern, dass sie neu anfangen sollten. Und was die Menschen dann wirklich anders gemacht haben in ihrem Alltag? Es war vielleicht gar nicht viel. Es war vielleicht vor allem etwas in ihnen, was sich geändert hat.
Am Ende eines Tages nicht stöhnen und sich Sorgen machen, was der morgige Tag bringt, sondern dankbar zu sein und hoffnungsvoll. Jeder Tag ist ein Geschenk Gottes. Jeder Tag, in dem wir frei leben können.
Ein neues Leben anfangen. Mitten in unserem Alltag. Ein neues Leben mit Gott. Das Zeichen dafür ist die Taufe. Ich denke, fast alle hier sind wir getauft. Aber wissen wir auch, dass wir jeden Tag neu dazu gerufen sind, ein neues Leben anzufangen? Ein neues Leben mit Gott? Ein befreites, ein freies Leben?
Ich möchte keine lange Predigt halten. Ihnen nur ein paar Fragen mit auf den Weg geben. Sie können diese Fragen vielleicht direkt beantworten. Sie können sie aber auch mitnehmen, über sie nachdenken, sie behalten.
Wir alle hier sind getaufte Kinder Gottes. Wir alle sind gerufen, sind befreit, jeden Tag neu anzufangen. Mit Gottes Hilfe. Mit ihm. In unserem Leben.
Amen!
Der Herr segne uns und behüte uns.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns
und sei uns gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf uns
und gebe uns Frieden – shalom!
Amen