Caspar von der Olewig, der Sohn des Bäckerzunftmeisters, hieß nach der Herkunft aus dem Trierer Vorort und nannte sich als Student Olevianus. Er war in Frankreich (Bourges) zum Doktor der Rechtswissenschaft promoviert worden, was damals recht selten war, und hätte eine Karriere als Jurist machen können. Olevian hatte aber in Frankreich Anschluss an die mehr oder weniger im Verborgenen wirkenden evangelischen Gemeinden gefunden und fühlte den Auftrag, in seiner Heimatstadt Trier das Evangelium zu verkündigen.
Zur theologischen Weiterbildung ging Olevian in die Schweiz, nach Zürich und Genf zu den bekannten Theologen Bullinger und Calvin. Da der Trierer Bürgermeister Johann Steuß evangelisch gesinnt war, suchte er nach der Möglichkeit, Olevian eine städtische Stelle zu verschaffen. Die bot sich bei der Universität, denn die Stadt beanspruchte das Recht, Professoren anzustellen.
Aber es fehlte an Geld und das Grundstudium der Philosophie wurde gar nicht mehr angeboten. Olevian erhielt einen Lehrauftrag, in der Burse der philosophischen Fakultät mit dem Namen „Zur Taube“ zu unterrichten. Sie lag in der Dietrichstraße neben dem Universitätsgebäude, wo sich jetzt die Justizstraße und das Justizgebäude befinden. Neben dem akademischen Unterricht der Dialektik in lateinischer Sprache begann Olevian auch die christlichen Grundlehren, den Katechismus, in deutscher Sprache auszulegen.
Am 9. August 1559 schlug Olevian an der Steipe am Marktplatz, am Eingang zur Dietrichstraße einen Zettel an, dass er am folgenden Tag, dem Laurentiustag, von acht bis zehn Uhr in der Burse in deutscher Sprache predigen werde und die ganze Bevölkerung dazu eingeladen sei. Der junge Mann, es war sein 23. Geburtstag, war als Trierer, der mit akademischen Würden aus dem Ausland zurückgekehrt ist, gut bekannt. Seine Predigt fand außerordentlichen Zulauf von „Geistlichen und Weltlichen, Männern und Frauen, Knechten, Mägden und Kindern“, so dass gar nicht alle Platz fanden.
Olevian wollte bei dieser ersten Predigt möglichst viele Fragen ansprechen und predigte leidenschaftlich („erschrecklich“, wie der Stadtschreiber notierte) gegen die katholische Messe, Prozessionen, Heilige unter andere „Missstände“. Dass Olevian evangelisch predigen solle, war wahrscheinlich mit dem Bürgermeister abgesprochen worden. Olevian rechtfertigte sich anschließend vor dem Stadtrat, dass seine Lehre allein auf der Heiligen Schrift gegründet sei und er keinen Aufruhr verursachen wolle. Nach kirchlichem Recht war die Predigt durch Laien verboten. Der Rektor der Universität, der Archidiakon und Domherr Kuno von Metzenhausen, untersagte die Predigt in einem Universitätsgebäude und ließ die Burse verriegeln.
Allerdings hatte er Verständnis für die Notwendigkeit einer Reform. Nach der Chronik des Stadtschreibers, die in der Stadtbibliothek Trier erhalten ist, sagte der Domherr in seiner Domkurie bei einem Gespräch mit Caspar Olevian: „Lehrt nur tapfer aus der Heiligen Schrift, denn wir Geistliche haben es gar vonnöten, dass man uns die Heilige Schrift vorlegte.“ Die Mehrheit der Handwerkerzünfte, die den Stadtrat bildeten, stimmte gegen die Fortsetzung der Predigten, die Minderheit wies Olevian die Kirche des städtischen Bürgerhospitals St. Jakob zum Predigen an. Auch sie war bald zu klein, denn ein Drittel der Bevölkerung hatte Interesse am evangelischen Bekenntnis.
Aber Trier war keine freie Reichsstadt, die nach dem Religionsfrieden selber die Religion bestimmten konnte. Der Kurfürst und Erzbischof Johann von der Leyen belagerte seine Hauptstadt und unterdrückte den Versuch, die Reformation einzuführen. Länger als zweihundert Jahre wurden keine Evangelischen im Kurfürstentum Trier geduldet.