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An der Grenze zum Libanon - Rosh HaNikrah
Nes Ammim - aus dem Alltag in einem nicht-alltäglichen Dorf in Israel. 12. Kapitel
Tobias Kriener:
Erkundungstour nach Rosh HaNikrah
4.10.2016
Heute wurde Norman nach 2 Jahren Nes Ammim verabschiedet. Zugleich war heute der 2. Geburtstag von Noah, dem jüngsten Sohn der Familie Bergmann. Große Party also!
Danach habe ich mich aufgemacht, im Blick auf unseren Tagesausflug Ende Oktober den Weg nach Rosh HaNikrah zu erkunden. Das Industriegebiet nördlich von Naharija wird nämlich asbestsaniert, so dass man da am Strand nicht weiterkommt. Es stellte sich heraus, dass man leider ein Stück auf der Autostraße von Naharija bis Achziv fahren muss – Israel ist halt noch lange kein fahrradfreundliches Land... Bei Achziv kann man dann abbiegen und ein Stück über Schotterstraße entlang der archäologischen Schienen der alten Bahnverbindung Haifa - Beirut entlangfahren, bevor es dann wieder auf den Küstenweg bis nach Rosh HaNikrah geht. In 1 1/2 Stunden habe ich die Strecke von Nes Ammim bis an die Grenze geschafft. Wenn die Grenze jetzt offen wäre, vielleicht nochmal zwei Stunden zu einem Kaffee auf Jujus Terasse in Beirut?
Dort – in Rosh HaNikrah, nicht in Beirut – habe ich dann wieder eine dieser Soldatinnen gesehen. Leider habe ich ihre Wumme nicht aufs Bild gekriegt. Ich bin einfach nicht dreist genug zu fragen, ob ich sie fotografieren darf... Mir kommt es so vor, als ob das israelische Militär diese Schönheiten mit Absicht an solche harmlosen, aber vielfrequentierten Kontrollposten platziert, wie so eine Art Postergirls...
Ich habe darauf verzichtet, mit der Seilbahn nach unten zu fahren, weil heute am zweiten Feiertag einfach alles überfüllt war.
Auf dem Rückweg habe ich mir mehr Zeit gelassen, und in zwei Strandkaffees einen Neskaffee getrunken. Als ich in meinem Lieblingskaffee in Shavei Zion einen Kaffee schlürfte, zog die Küste entlang eine Gruppe Wildgänse nach Süden in ihr Winterquartier. Wo die wohl herkamen: Aus Nordschweden – von Nils Holgerson?
Am Nachmittag habe ich ausführlich geruht und dann ausführlich die Beilagen der Ha'aretz vom letzten Wochenende gelesen. Jetzt gehe ich nochmal ins HOPS, ein bisschen Klavier und Posaune spielen. Arbeiten kann ich morgen noch genug...
Nix los
5.10.2016
Heute war natürlich viel los – aber nichts, was man so richtg erzählen kann: Viel office-work, abends dann Avner Shai mit seiner zweiten Lecture über Sprache, Konflikt und Kultur, wo er uns ein bisschen in die „Israeliness“ eingeführt hat. Schwer zusammenzufassen. Am eindrücklichsten ist mir in Erinnerung, dass er mit seinem Bruder anscheinend politisch so über Kreuz ist, dass sie es aufgegeben haben, z.B. Rosh HaShanah als Großfamilie zusammen zu feiern. Und dass er das Israeli-Sein als full-time-job bezeichnet: Man ist – oder vielmehr: er ist in einer Weise immer Akteur dieses Gemeinwesens, wie man sich das als „Citoyen“ in einem normalen europäischen Staat niemals vorstellen könnte (meine Formulierung). Sich raushalten und nur sein privates Leben leben ist für ihn unvorstellbar. (Das bestätigt sozusagen von der anderen Seite her das Gefühl, was ich seit langem habe, dass man auch als lange Jahre im Land Lebender niemals wirklich dazugehören kann, nie wirklich mitreden kann; das ist für Europäer, die lange Zeit in einem anderen europäischen Land leben, inzwischen schon anders...)
Nun ja, so war dies also ein Tag ohne besondere Höhepunkte – sorry...
Dr. Tobias Kriener, Studienleiter in Nes Ammim, Oktober 2016
Ein Fortsetzungs-Tagebuch auf reformiert-info. Von Tobias Kriener