10.11.2016
Tja – hätte ich doch nur gestern in der Euphorie nach der Nachricht, dass der Pass endlich mit Visum abgeholt werden kann, und nach dem gelungenen Kristallnachtgedenken geschrieben...
Die Nachricht, dass ich den Pass mit dem Visum nach über zwei Monaten endlich abholen kann, war natürlich toll, weil ich dachte: Nun wird doch noch alles gut...
Dann kam die Gedenkveranstaltung zur sog. „Kristallnacht“. Es war schlicht. Und deshalb gut. Die Volos hatten sich eine wirklich gute Choreographie ausgedacht, mit der sie ihren Text zur Konferenz von Evian vorgetragen haben (jede/r liest mit Kerze in der Hand – und bläst die Kerze am Schluss seines Leseteils aus – bis es ganz dunkel war.) Auch die Musik war einfach, aber berührend. Und Yehoyada Amir hat frei und gut geredet.
Heute Morgen bin ich dann in aller Frühe zur Botschaft, habe auch gleich den Pass gekriegt, wieder zurück zum Zug – und in Haifa zum Büro des Umzugsunternehmens gegangen – um da dann zu erfahren, dass das Visum, dass ich bekommen habe, nix nützt, wir doch Zoll bezahlen müssen, und besser den Container gleich hätten kommen lassen, denn jetzt kommen noch zwei Wochen Lagerungsgebühren im Hafen drauf. Nes Ammim wird für uns zu einem teuren Desaster – und das verhagelt natürlich heute die Stimmung (ganz abgesehen von Trump)...
Sorry, dass ich schlecht drauf bin.
13.11.2016
Der deutsche Botschafter hatte zum Gedenken am Volkstrauertag eingeladen. Aber in Nazareth ist das natürlich ganz etwas anderes als bei den kleinen Gedenkveranstaltungen, die wir die letzten Jahre immer in Hersel hatten. Allein schon die Szenerie mit der Terrasse, auf der der Friedhof mit den deutschen Kriegstoten des Ersten Weltkriegs angelegt ist, die einen wunderschönen Blick auf Nazareth ermöglicht in der Abendsonne!
Dann sind natürlich viel mehr militärische Verkleidete da – nein, sie sind nicht bloß verkleidet: Sie sind schon richtige Militärs – man merkt das daran, wie sie salutieren, wenn Nationalhymne und „Ich hatt‘ einen Kameraden“ angestimmt werden.
Die Nationalhymnen (israelisch und deutsch) wurden übrigens in Kammermusikbesetzung angestimmt; außerdem Bachchoräle und Astor Piazollas „Oblivion“ von einem Saxophon-Quartett gespielt – keinerlei militärisches Tschingderassa also – sehr zivil(isiert) alles...
Das Besondere an diesem Soldatenfriedhof ist aber natürlich, dass hier ein Bürger des Kaiserreichs mosaischen Glaubens (wie es damals hieß) beigesetzt ist. Das führt dazu, dass ein israelischer Militärrabbiner anwesend ist, eine kleine Ansprache hält und dann einen Psalm liest, und dazu ein Militärchasan das Kaddisch singt.
Es hat schon was Surrealistisches: Man fragt sich, was diese Gefallenen überhaupt hierhin verschlagen hat. Und dann die vielen bunten Uniformen – so viele Staaten, die bei dieser deutschen Veranstaltung mitmachen und Kränze niederlegen und beschwören, nie wieder Krieg zu führen. Und das vor dieser Kulisse...
Zum Abschluss gab's noch leckere Kleinigkeiten zu essen, bevor wir wieder zurück nach Nes Ammim fuhren.