Muss ich Luther mögen – im Lutherjahr? Sein theologischer Lehrer und Seelsorger Johannes von Staupitz sagt zu ihm: „Du schreist die ganze Welt an.“ Ist es nicht so, dass Luther besonders in der zweiten Hälfte seines Wirkens immer barscher wird? Nicht wenige seiner Zeitgenossen verdammt er. Darunter den Schweizer Reformator Ulrich Zwingli: „Es ist nur der Übermut und die Bosheit des leidigen Teufels, der unser durch einen solchen Schwärmer in dieser großen Sache spottet!» Und doch kann der deutsche Reformator nicht umhin, über den Schweizer einmal zu sagen: „Zwingel ist ein fröhlicher, aufrichtiger, höflicher Kollationsmann [Unterhalter].“
Die Zürcher Mitbürger Zwinglis erinnern sich, dass der „Leutpriester“ vom Großmünster zumeist fröhlich ist, nicht schwermütig. Zwingli allerdings räumt ein, dass auch er wütend werden kann. Seine Mitwelt wiederum bezeugt, dass er danach Streit schlichtet und immer wieder Verträglichkeit und Versöhnungsbereitschaft bewährt. Zwingli kann sich entschuldigen.
Dass die Wahrheit allezeit ein fröhliches Gesicht hat, ist gewiss nicht so. Etwa in diesem Konflikt:
Luther sagt in einer Adventspredigt (1545): „Wenn man rein bleiben will im Glauben, so geht dies nicht ohne Kampf und Streit. So muss denn der Christ auch Krieger und Ritter sein.“ Dagegen Zwingli: „Ein Christ soll mit Waffen gar nichts zu tun haben, soweit es Bestand und Ruhe des Staates erlauben.“
Alles zu seiner Zeit. Aber das fröhliche Gesicht sollte immer wieder Beweggrund unseres Glaubens sein. Zwingli hat es bezeugt.
Prof. Dr. Rolf Wischnath war Generalsuperintendent in Cottbus. Er lehrt Theologie in Bielefeld und Paderborn.
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