Mit wachen Ohren

Fabian Brüder über ein Gedicht von Johanna Schouten-Elsenhout

Foto: Wikipedia

Mit dem Hashtag #metoo wird seit Oktober 2017 zunehmend das Ausmaß sexueller Gewalt an Frauen deutlich. Vikar Fabian Brüder aus München denkt in diesem Zusammenhang an ein Gedicht von Johanna-Schouten Elsenhout mit dem Titel „Frau“.

Johanna Schouten-Elsenhout (1910-1992) ist eine Dichterin aus Surinam – dem Land, das im Blickpunkt des diesjährigen Weltgebetstages steht. Schouten-Elsenhout engagierte sich für die Anerkennung der afro-surinamischen Kultur ebenso wie für die Rechte von Frauen.

Das Gedicht „Frau“ (original: Uma) spricht von einer Stimme, die ruft. Kraftvoll und schön und erhaben. Eine Stimme, nach der manche von uns vielleicht vergeblich ihre Ohren spitzen - weil andere Stimmen den Ton angeben: Stimmen, die gewaltvoll statt kraftvoll sind. Stimmen, die beschönigen statt Beachtenswertes zur Sprache zu bringen. Stimmen, die sich erheben - ohne Gebeugten das Rückgrat stärken zu wollen. 

„Gott weckt mir jeden Morgen das Ohr“, heißt es im Jesajabuch. Ein waches Ohr hört mehr als das, was gerade den Ton angibt. Es hört mehr als das Bestimmende und Stimmung Stiftende. Es ist wachsam für die Vielstimmigkeit der Welt. Auf der Suche nach der Stimme, die im Jesajabuch spricht: „Ich will euch trösten, wie euch eine Mutter tröstet.“

Johanna Schouten-Elsenhout schreibt:

 

nichts ist so erhaben

wie die Stimme

die ruft

im Chaos des Tages

 

diese Stimme ist schön

sie ist kraftvoll

sie kennt keine Bosheit

selbst wenn Stürme

solche mit sich brächten

 

frau du bist erhaben

du strahlst

du wankst nicht

inmitten der Kämpfe

des Alltags

 

Die deutsche Version des Gedichts ist eine Eigenübersetzung. Das Original findet sich hier: http://werkgroepcaraibischeletteren.nl/johanna-schouten-elsenhout-umavrouw/

 


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