Eine substantielle Theologie

Buchbesprechung zu Peter Bukowski: Theologie in Kontakt


Der langjährige Moderator des Reformierten Bundes legt nach dem Ende seiner beruflichen Tätigkeit als Direktor des Seminars für Pastorale Ausbildung in Wuppertal einen Band mit Aufsätzen, Vorträgen, Bibelarbeiten und Predigten vor.

Die meisten Texte sind bereits an anderer Stelle erschienen, nun aber erfreulicherweise in diesem Band gut zugänglich versammelt. Dass einige der Beiträge bereits vor einigen Jahren erschienen sind, tut ihrer Aktualität keinen Abbruch. Deutlich wird das vor allem an den bereits vor 20 Jahren erstmals gestellten „Rückfragen an die erste Theologische Ausbildungsphase“ unter dem mittlerweile schon beinahe sprichwörtlich gewordenen Titel „Was wird aus Erwin, jetzt, wo er tot ist?“

Das Ziel Peter Bukowskis war immer und ist bis heute eine substantielle, auf die Gemeinde bezogene und den Kontakt mit ihr suchende theologische Bildung im Sinne einer „dogmatischen Alltagskompetenz“. Seine Anfragen an die universitäre Ausbildung im Blick auf das Curriculum, die Gewichtung der Studieninhalte und vor allem auch an die pädagogische Kompetenz und persönliche Glaubwürdigkeit der Lehrenden haben an Dringlichkeit eher noch gewonnen.

So lassen sich gegenwärtige Schwerpunktsetzungen insbesondere im Bereich der Systematischen Theologie mit dem Begriff der „Entsubstantialisierung“ durchaus treffend beschreiben. Das ist die Grundthese, mit der Peter Bukowski im ersten Beitrag des Bandes unter dem Titel „Wer ist Jesus Christus für uns heute?“ auch so etwas wie eine grundsätzliche Einordnung seiner theologischen Position in die gegenwärtige systematische Theologie bietet. Ob, wie gelegentlich behauptet wird, die Gegensätze zwischen Wort-Gottes-Theologie und liberaler Theologie die systematisch-theologische Diskussion unserer Zeit wirklich nicht mehr bestimmen?

Peter Bukowski jedenfalls erhebt deutlichen Einspruch gegen den aktuellen Diskurs, in dem man sich ja gelegentlich fühlen kann wie in einer speziellen Variante des Märchens von des Kaisers neuen Kleidern: Als traue sich heute niemand mehr, von Kanzel und Katheder laut und öffentlich zu sagen, dass der christliche Gott eben nicht von numinoser Nacktheit ist, sondern sich höchst konkret bekleidet hat, „Fleisch und Blut angenommen“ hat, wie es auf dogmatisch heißt. Und zum Wort Gottes geworden in, mit und unter den Texten der Bibel.

Der Gedanke der Personalität Gottes, nicht bloß „eines höheren Wesens, einer Macht, einem Urgrund“ (vgl. S. 15) ist Voraussetzung für eine begründete Hoffnung, von der dann – wie im Untertitel des Buches anklingend – in der Welt zu reden ist. Peter Bukowski hat seinen homiletischen Anspruch, vor allem in der Predigt indikativisch und konkret von Gott zu reden, in seiner Tätigkeit im Seminar in Wuppertal und durch seine bereits in der 8. Auflage erschienen Predigtlehre nachdrücklich geäußert. Im vorliegenden Band sind es denn auch die vier homiletischen Beiträge „Gerechtigkeit predigen“, „Gericht predigen“, „Gottes Hilfe predigen“ und „Emotional predigen“, die besonders hilfreich und anregend für die Predigtpraxis sind und sich wie eine material-homiletische Ergänzung zur Homiletik Peter Bukowskis lesen.

Die Substantialität seiner Theologie zeichnet sich dadurch aus, dass er es wagt, nicht nur von der Personalität, sondern auch vom Handeln Gottes zu sprechen – auch dies angesichts der gegenwärtigen Weisheit der systematisch-theologischen Welt schon fast eine Torheit. Der Hinweis im „Erwin“-Beitrag, dass eine fehlende dogmatische Alltagskompetenz von Pfarrerinnen und Pfarrern weniger an den ethischen, sondern viel häufiger an den dogmatischen Topoi der Vorsehungslehre und der Eschatologie sichtbar wird,  wird hier für die Rede von Gott in der Predigt fruchtbar gemacht. Wie predigt man das Gericht, wie Gottes Hilfe? Und wie spricht man dennoch nicht dogmatisch-abstrakt, sondern emotional und anrührend von Gott, der unter seinen Menschen weitaus mehr bewirkt als das vielzitierte „Gefühl der schlechthinnigen Abhängigkeit“? Im Schleiermacher-Jahr 2018 ist dies einen hoffentlich nicht zu überhörenden Einspruch wert!

Das theologische Lehre auf Vorbilder angewiesen ist, hatte Peter Bukowski im „Erwin“-Beitrag ebenfalls noch einmal eingeschärft. Die Bibelarbeiten und Predigten des Bandes sind hervorragend geeignet, an guten Beispielen zu lernen, wie von Gott heute geredet werden kann. Sie enden mit einer Predigt zu Apg 8 und den Worten „Er zog aber seine Straße fröhlich“. Auch dies ist von Peter Bukowski als eine christliche Lebenshaltung zu lernen.

 

Peter Bukowski
Theologie in Kontakt
Reden von Gott in der Welt

1. Auflage 2017
200 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-7887-3237-0
Vandenhoeck & Ruprecht
25,00 €


Kathrin Oxen

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