Ein Viertel ist nicht wenig

Mittwochskolumne von Paul Oppenheim

© Pixabay

Sachsen und Brandenburg haben gewählt. Erleichterung und Erschrecken durchziehen die Wahlanalysen, denn ein Viertel des Ostens gab seine Stimme der AfD. Nur ein Viertel oder ein Viertel zu viel?

Zur politischen Realität des heutigen Deutschlands gehört, dass es einen Bevölkerungsanteil von etwa 12 Prozent gibt - in manchen Regionen aber auch 25 oder 30 Prozent - der sich nicht davon abbringen lässt, eine Partei zu wählen, deren Hauptthema die Ablehnung der Einwanderung ist.

 Bis vor wenigen Jahren war diese Position auch in der CDU/CSU und den meisten konservativen Parteien Europas Konsens. Man mag es als Angela Merkels historisches Verdienst ansehen, dass sie mit ihrer Migrationspolitik von dieser Position abgerückt ist, und sie der AfD überlassen hat.

Alle anderen Themen sind bei der AfD deutlich unterbelichtet. Spendenskandale schädigen das Image ihres Führungspersonals und trotzdem nimmt sie anderen Parteien die Wählerstimmen weg. Man mag dieses Wählerverhalten kritisieren und doch liegt auf der Hand, dass es etwas mit dem Programm dieser Partei zu tun hat. Immer wieder bestätigen Untersuchungen, dass etwa die Hälfte der Bevölkerung angesichts der echten oder vermeintlichen Folgen der Migration Ängste oder Sorgen verspürt. Auch wenn das Interesse am Klimawandel in der Bevölkerung deutlich zugenommen hat, betrachtet etwa ein Viertel der Wählerschaft „Migration, Asyl und Flucht“ als die größte Herausforderung für Deutschland. Die neueste Umfrage der Friedrich-Ebert-Stiftung zur Zuwanderung zeigt sogar, dass über ein Viertel der Deutschen, Einwanderung ablehnt.

Setzt man diese Zahlen in den Kontext Europas so erweist sich das deutsche Wahlverhalten als eher durchschnittlich. Je weiter man nach Osten schaut, desto deutlicher bringt die Wählerschaft zum Ausdruck, dass sie Einwanderung kategorisch ablehnt, aber auch bei unseren Nachbarn im Westen, Norden und Süden zeigen die Wahlergebnisse, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung mit der jetzigen Migrationspolitik nicht einverstanden ist.

Es muss also dringend eine Änderung der nationalen und europäischen Regelungen für Asyl und Zuwanderung geben. Der halbherzige und widersprüchliche Wirrwarr des deutschen Ausländerrechts schreit nach einer Neuordnung, ebenso das unwürdige Chaos, das im Mittelmeer täglich Menschenleben kostet und auch der bürokratische Wahnsinn, der die legale Einreise in den Schengen-Raum fast unmöglich macht. Alle politischen Parteien sind gefragt, das Thema ernst zu nehmen und es nicht jenem Viertel zu überlassen, das jede Zuwanderung aus Prinzip ablehnt.


Paul Oppenheim