Diakonie

Das Evangelium - Quelle diakonischen Lebens

Vincent van Gogh: Der barmherzige Samariter (Ausschnitt) © Wikicommons

Wer sich mit der Diakonie seiner Kirche in Geschichte und Gegenwart beschäftigt, der wird staunen, welche Vielfalt sich ihm eröffnet.

Das Leben in der Jerusalemer Urgemeinde und die Fürsorge der kleinasiatischen Christengemeinden für die "Heiligen in Jerusalem" als Erfüllung der alttestamentlichen Verheißungen ist gewissermaßen die Initialzündung, fast möchte man sagen: der "Urknall" der Nächstenliebe und der Verantwortung füreinander.

Es ist ein Beginn gesetzt, der über die Verkündigung der christlichen Botschaft, über die Kirche, über die Diakonie in der ganzen Menschheit wirksam wird, immer wieder aufs Neue. Die immer neue Not wird auch immer wieder in ihre Schranken verwiesen. "Größer als der Helfer ist die Not ja nicht ..." (Aus dem Lied: "Harre meine Seele ..."): Die Not mag groß sein, groß sind auch die Liebe, die Barmherzigkeit und die Verantwortung füreinander.

Die Geschichte der Kirche ist von Anfang an voller verheißungsvoller Erfüllungen dessen, wie sehr gerade die Not immer wieder die Barmherzigkeit weckt. Hier sei nur erinnert an die Worte des Quintus Septimius Florens Tertullian. Er lebte von 150 bis 225 nach Christi Geburt in Rom und war dort als Rechtsanwalt tätig. Im Jahre 195 wurde er Christ und trat als Schriftsteller für die damals im ganzen römischen Imperium entstehende christliche Kirche ein.

Von ihm ist bekannt, dass er die Worte überliefert hat, mit denen man damals bewundernd und staunend von den Christen sprach und die Lust machten, doch auch einer von ihnen zu sein: "Seht, wie haben sie einander so lieb!" Liebe und Barmherzigkeit, Gnade also, zu erfahren und dann auch zu üben, das macht den Menschen erst zum Menschen.

Das machte die Christen auffällig. Das war neu und nicht zu übersehen. Das war voller Hoffnung und Zukunft und fand auch entsprechende Beachtung und Anerkennung. Selbst der Kaiser in Rom sah schließlich darin die Rettung für sein Reich, das in seinem Kern an Menschenmangel zugrunde zu gehen drohte. Man war bequem geworden, lebte dem Vergnügen, scheute die Mühe der Kindererziehung und wollte die Last der Familie nicht mehr tragen. Die Christen boten ein anderes Bild: Man hatte einander lieb, gerade auch die Schwächsten, die Kinder, und förderte das Leben. Der Kaiser wollte dieses Verhalten der Christen für sein Imperium nutzen und es so retten.

Es hat ihm und seinem Imperium nicht mehr geholfen. Aber die Christenheit eröffnete den Menschen Zukunft und Leben. Die Zahl der Christen wuchs und wuchs. Der christliche Glaube gab den Menschen Würde und Ziel und nahm ihnen ihre Hoffnungslosigkeit. Die Hoffnung war so stark, dass man auch die Verstorbenen nicht verloren gab, sondern ihre Würde wahrte und sie mit einem christlichen Begräbnis aufbewahrte zum ewigen Leben.

Nicht ohne Grund ist den sechs Werken der christlichen Barmherzigkeit als siebente Barmherzigkeit hinzugefügt worden: Tote bestatten. Die Friedhöfe der Christen sind so verstanden Einrichtungen der Diakonie von Anfang an, die deutlich machen, dass die Barmherzigkeit auch vor dem Tode nicht aufgibt, sondern auch da noch das Leben zum Ziel hat, wie Gott allein es geben kann. Welche Kraft ist doch dieser Barmherzigkeit eigen, dass sie selbst angesichts des Todes und seiner Unentrinnbarkeit und seinen Unabänderlichkeiten nicht verzagt!


Diakonisches Werk der Evangelisch-reformierten Kirche