Wenn sie zum Arzt müssen, sich eine Wohnung angucken wollen oder eine Leistung bei einer Behörde beantragen, dann kommen Schwierigkeiten auf sie zu, denn sie leben als eine Minderheit in einer Welt der Hörenden: die rund 250 Gehörlosen und 72.000 schwerhörigen Menschen in Lippe. Die einen hören von Geburt an nichts, die anderen verlieren ihr Gehör im Laufe ihres Lebens.
Zur Klientel von Bernd Joachim im Diakonischen Werk gehören vor allem die Gehörlosen: „Anlaufstelle in Lippe für Schwerhörige ist seit 2010 die Beratungsstelle für Hörgeschädigte des Vereins Hilfe zum Weiterleben. Ich berate in der Hauptsache Menschen, die gehörlos sind und sich in der Deutschen Gebärdensprache verständigen.“ Die beherrscht Bernd Joachim: „Meine Klienten kommen mit ganz unterschiedlichen Problemen zu mir, das reicht von der Bearbeitung von Anträgen, über Arbeitslosigkeit bis hin zu Problemen mit Vermietern.“ Hintergrund sei, dass gehörlose Menschen keine Fachberatungsstelle aufsuchen könnten. „Ich prüfe dann, was ich selbst regeln kann. Wenn das nicht möglich ist, gehe ich auch mit zum Anwalt, zum Arzt oder zur Behörde und dolmetsche dort.“ Damit bewege er sich allerdings als nicht ausgebildeter Dolmetscher für Gebärdensprache in einer Grauzone. Vier Dolmetscherinnen und einen Dolmetscher gibt es für ganz Ostwestfalen-Lippe. Alle seien mit Aufträgen ausgelastet, denn jedem Gehörlosen stehe zum Beispiel beim Arzt- und Behördenbesuch ein Übersetzer zu.
Bernd Joachim ist einer der wenigen Ansprechpartner für die Gehörlosen direkt im Kreis Lippe. Unterstützung kommt von Pfarrer Uwe Sundermann, der Beauftragter der Lippischen Landeskirche für Gehörlosenseelsorge ist und jeden 3. Sonntag im Monat um 15 Uhr einen Gottesdienst in der evangelisch-methodistischen Gemeinde in der Mühlenstraße in Detmold anbietet.
Die rund 100 Gehörlosen, die das Beratungsangebot im Diakonischen Werk nutzen, kommen zu Bernd Joachim ins Büro, sie setzen sich per Fax oder per E-Mail mit ihm in Verbindung. Der Diplom-Sozialarbeiter hält außerdem Kontakt mit der Lebenshilfe e.V., in deren Einrichtungen auch einige Gehörlose leben.
Im Café „unErwartet“ der Lebenshilfe im Bahnhof in Detmold findet jeden ersten Freitag im Monat von 16 bis 18 Uhr ein offener Treff für Gehörlose statt. Im Diakonischen Werk, Leopoldstr. 27, treffen sich Gehörlose jeden zweiten und vierten Montag von 14.30 bis etwa 16.30 Uhr. „Sie treffen sich gerne, um sich miteinander zu unterhalten – in Deutscher Gebärdensprache, einer übrigens vollwertigen Sprache. Das Lesen und Schreiben der Hörenden erlernen sie wie eine Fremdsprache, so wie wir beispielsweise französisch lernen.“ Darum sei es auch wichtig, dass Broschüren und Ratgeber in verständlichen, möglichst kurzen Sätzen geschrieben sind.
Alle Gehörlosen in Lippe können das Beratungsangebot im Diakonischen Werk, Leopoldstr. 27, in Detmold in Anspruch nehmen: Bernd Joachim hat offene Sprechstunde mittwochs von 14 bis16 Uhr und ist außerdem per E-Mail unter bernd.joachim@diakonie-lippe.de sowie Fax: 05231/976-8115 erreichbar.