In Maryridge/Tagaytay

Skizzen von Sylvia Bukowski, Philippinen (VI)

In Maryridge/Tagaytay

Ich bin an einem heiligen Ort:
Hoch über dem Taal See
gehe ich
auf überwucherten Wegen
durch den tropischen Garten
der Schwestern des barmherzigen Hirten.
Um mich so viel Schönheit,
dass sich meine Seele weitet,
Blüten, deren Üppigkeit
mich überwältigt,
Pflanzen,
die ich noch nie gesehen habe
(oder nur in Miniatur auf Fensterbrettern).
Dazwischen immer wieder
Hängematten zum Träumen
und schattige Aussichtspunkte
zum Meditieren,
zum Wahrnehmen
von Gottes Gegenwart
in seiner Schöpfung.
Ich bin an einem heiligen Ort,
und spüre seine heilende Kraft.
Ich werde behalten
und loslassen können,
was mir dieses Land
aufs Herz gelegt hat.

Debbie aus New Jersey
ist Reiki Meisterin
und Schamanin.
Sie kommt gerade aus Mindanao.
Dort ist sie vielen Menschen begegnet,
die alles verloren haben
durch Sendong,
den großen Sturm.
Sie erzählt von einem Pfarrer,
der seine Familie
aus Angst vor der Flut
zur Sicherheit
auf einen Hügel hinauf geschickt hat.
Doch dann kam der verheerende Erdrutsh
und er musste mitansehen,
wie seine Frau und seine Kinder
mit den Schlammmassen
an ihm vorbei trieben.
Nun redet er nicht mehr von Gottes Güte.
Ein anderer Mann
wurde ins offene Meer gespült.
Festgeklammert an eine Holzplanke
warf ihn eine Welle
zwölf Stunden später
an den Strand einer entfernten Insel.
Seither friert er
in der tropischen Hitze
seiner zerstörten Heimat.
Debbie erzählt
von dem Schicksal der Überlebenden
und von den Geistern der Toten,
die keine Ruhe gefunden haben.
In einer nächtlichen Vision
hat sie sie gesehen:
vom Meer her sind sie auf sie zu gekommen
mit ihren Fragen:
Wer wird sich um meine Kinder kümmern?
Wer bezahlt meine Schulden?
Was wird aus den alten Eltern?
Und Debbie,
die Heilerin
hat Gottes Frieden über sie beschworen
und sie bewogen,
die Lebenden nicht mehr heimzusuchen.
Nun sitzt sie neben mir
und sagt:
spüre die Ruhe in diesem Garten.
So schön wird es überall sein,
wenn Gott die Tränen abwischen wird
und Elend und Tod keine Macht mehr haben.
Amen.
Diese Vision
kann ich teilen.

Die Kapelle hat eine Glaswand
hin zum See.
Die Messe beginnt
im Morgengrauen.
Langsam werden hinter dem Altar
die Konturen der Vulkaninseln sichtbar.
Und über Liedern und Gebeten
färbt sich der Himmel rot
und die Sonne geht auf.
Hier fällt es leichter
als in Manila,
an Gottes machtvolle Güte zu glauben.

Sylvia Bukowski, Pfarrerin und Autorin bei reformiert-info, ist für zwei Monate auf den Philippinen. In Baguio unterrichtet sie Homiletik und Liturgie am Ecumenical Theological Seminary. Ihre Tätigkeit dort wurde vermittelt von der Vereinigten Evangelischen Mission (VEM): www.vemission.org.


Sylvia Bukowski, Pfarrerin, Februar 2012
Letzte Skizzen von Sylvia Bukowski, Philippinen (VII)

In der Bibelstunde ... "Eine der jungen Mütter ist eingeschlafen. Dann darf ich fragen, wer denn ihre Feinde sind. Die eine erzählt unter Tränen von ihrer Schwägerin, die sie vergiften wollte, die andere von den Schwestern, die sie nicht mehr nach Hause lassen, weil sie so dreckig ist ... Ganz viel Schmerz erfüllt den Raum. Feindesliebe, was heißt das für Menschen, die verletzt und schutzlos sind in einer feindlichen Gesellschaft?"
Sylvia Bukowski schreibt aus Manila, Philippinen (I)

Sylvia Bukowski, den Lesern von reformiert-info bekannt als Autorin der wöchentlichen Gebete, unterrichtet zur Zeit Homiletik in Banguio auf den Philippinen. Ihre ersten Eindrücke aus der Hauptstadt Manila hat sie in kurze Skizzen, Gedichte, Klagepsalmen gefasst.
Skizzen von Sylvia Bukowski (III)

aus dem Ecumenical Theological Seminary, Baguio, Philippinen
Skizzen von Sylvia Bukowski aus Manila, Philippinen (II)

von den Elendsviertel auf dem Müll Manilas, von "der lärmenden Hässlichkeit eines geschundenen Lands" und dem Burnham Park in Baguio, "wo das Tosen des Verkehrs endlich leiser wird"
Skizzen von Sylvia Bukowski aus Baguio, Philippinen (IV)

Von den Studentinnen und Studenten am Ecumenical Theological Seminary erzählt Sylvia Bukowski.
Eine Skizze aus dem Gottesdienst in Manila

Von Sylvia Bukowski
Menschen in ihren Häusern verschüttet – Lage noch unübersichtlich

Nach dem Erdbeben auf der Insel Negros hilft die Vereinigte Kirche Christi in den Philippinen (UCCP), eine Mitgliedkirche der Vereinten Evangelischen Mission (VEM), den Opfern. Am vergangenen Montag (6. Februar 2012) hatte ein Erdbeben der Stärke 6,9 die Insel im Zentrum der Philippinen erzittern lassen und auch die Nachbarinseln Cebu und Panay erschüttert. Die Behörden rechnen mit mindestens 70 Toten, teilte die UCCP am Mittwoch mit. Rund 11.000 Familien seien vom Beben betroffen.