Afghanistan hätte Besseres verdient

Mittwochskolumne von Paul Oppenheim


© GeorgHH/Wikimedia

Afghanistan, das durch fremde Mächte ins Chaos gestürzt wurde, hätte Besseres verdient. Schon lange gab es Beziehungen zu Deutschland und seit 1926 einen Deutsch-Afghanischen Freundschaftsvertrag.

Ganz Berlin war auf den Beinen, als König Amanullah von Afghanistan zu Besuch kam. Das war im Februar 1928. Mein Vater hat das Ereignis als junger Student erlebt. Er erzählte mir, dass der König eine Lehranstalt für Mädchen besichtigt hatte. So eine wollte er in seinem Land auch einrichten.

Als Jugendlicher sammelte ich Briefmarken. Der Aufdruck „Postes Afghanes“ ließ mich von jenem geheimnisvollen Land träumen, das sich schon 1919 aus dem britischen Kolonialreich lösen konnte, beinahe 30 Jahre früher als Indien.

Als Student stieß ich auf die Partnerschaft zwischen den Universitäten Bonn und Kabul, die seit 1962 bestand. Später begegnete ich vielen afghanischen Studierenden, die in den 1980er Jahren nach Deutschland geflohen waren. Darunter gab es Königstreue aber auch Demokraten aller Schattierungen. Es waren gut ausgebildete, höfliche junge Menschen, die sich aber untereinander leidenschaftlich bekämpften.

Ich hörte davon, dass es bis zum Einmarsch der sowjetischen Truppen zahlreiche deutsche Ingenieure, Kaufleute und Wissenschaftler in Afghanistan gegeben hatte und dass in Kabul eine deutsche Schule und sogar eine deutschsprachige evangelische Kirchengemeinde existierten.
Aus diesen Mosaikstücken setzt sich mein Bild von Afghanistan zusammen. Es ist das brüchige Bild eines stolzen Landes, das Fremdbestimmung nicht duldet, aber an seinen inneren Gegensätzen zerbricht.

Nach den Briten waren es die Truppen der Sowjetunion und jetzt die der Amerikaner und ihrer Verbündeten, die sich geschlagen geben mussten. Das tragische Ende der Afghanistan-Intervention war absehbar und muss dazu führen, die gescheiterte  Afghanistanpolitik zu überdenken, aber auch bewaffnete Auslandseinsätze generell zu hinterfragen.

Unsere Gesellschaft ist sich darin einig, dass ihre Soldatinnen und Soldaten nicht zu Schaden kommen sollen. Auch vom Töten fremder Zivilisten und Kämpfer möchten wir eigentlich nichts hören und wir wissen, dass Soldaten keine Entwicklungshelfer sind. Wozu dienen also militärische Auslandseinsätze? Was steht dazu in den Parteiprogrammen zur Bundestagswahl?


Paul Oppenheim