Das Wort zu Weihnachten von Landesbischof Dr. Ulrich Fischer im Wortlaut:
"Ein cleverer Werbespruch eines großen Konzerns hat in den letzten Wochen heftige Debatten über die Kommerzialisierung und den wahren Sinn des Weihnachtsfestes ausgelöst. Die Kirchen sollten froh sein über diese Debatte, statt ein großes Protestgeheul anzustimmen. Seit langem schon nicht mehr wurde in der Vorweihnachtszeit so intensiv darüber geredet, wann Weihnachten eigentlich entschieden und was an Weihnachten entschieden wird.
Diese Debatte kreist letztlich um die Frage, welchen Stellenwert Ökonomisches für die Konstruktion von Lebenssinn hat. Unbestreitbar entscheidet sich am Ökonomischen manches - vor allem dann, wenn Menschen fürchten müssen, von Armut betroffen zu sein. Die Staatsschuldenkrise löst seit Monaten geradezu existentielle Ängste aus. Menschen fürchten um die Sicherheit ihres Ersparten und ihrer Versicherungen, ihrer Renten und ihrer Zukunft.
Wer wollte bestreiten, dass unter dem Weihnachtsbaum nicht tatsächlich entschieden wird, wer sich eigentlich welche Geschenke überhaupt noch leisten kann, wer also zu der immer größer werdenden Zahl der von Armut Bedrohten in unserem Lande zählt. Unter dem Baum wird in der Tat an Weihnachten manches entschieden - ebenso wie in ökonomischen Krisen.
Aber daran, dass dies nicht das Entscheidende für unser Leben, sondern nur die halbe Wahrheit ist, erinnert Weihnachten in eindringlicher Weise: An Weihnachten hat sich Gott entschieden, aller Welt seine Barmherzigkeit zu erweisen. An Weihnachten hat Gott durch die Geburt Jesu sein bedingungsloses Ja zu dieser Welt gesprochen. Weihnachten wurde entschieden durch die Parteinahme Gottes für seine Schöpfung. Das ist die Botschaft der Weihnacht, und mit dieser Botschaft wurde auch für den Sinn menschlichen Lebens eine unverbrüchliche Grundlage gelegt.
Wo wir auf Gottes Ja zu seiner Schöpfung Kraft schöpfen, selbst auch Schritte zur Bewahrung der Schöpfung zu tun, antworten wir in sinnvoller Weise auf Gottes Ja zu seiner Schöpfung. Wo wir Gottes Barmherzigkeit mit einem barmherzigen Umgang miteinander beantworten, klingt Gottes weihnachtliche Entscheidung nach in unserem Leben, werden von Gott Beschenkte zu Schenkenden. Wo Banken ins Schwanken, Börsen ins Straucheln und Märkte ins Trudeln kommen, da kann Gottes Ja zum Menschen einen Halt schenken, den wir uns nicht verdienen müssen, eine Zuversicht, die trägt, unabhängig von dem, was wir leisten und was wir uns leisten können."