Antisemitismusvorwurf gegen Erlanger Theologieprofessor

ErK: Reformierte Gemeinde Erlangen plant Reihe zur Aufarbeitung von Antisemitismus


Johannes Heinrich August Ebrard (Ausschnitt) © Universitätsarchiv Zürich/Wikimedia

Ein Erlanger Journalist hat jetzt aufgedeckt, dass der erste Inhaber des reformierten Lehrstuhls an der Universität Erlangen, Johann Heinrich August Ebrard (1818-1888), wohl als Antisemit betrachtet werden muss.

Ebrard, der auch einige Jahre Pastor der reformierten Gemeinde war, unterzeichnete 1880 die sogenannte Antisemitenpetition. Mit dieser wurde Reichkanzler Otto von Bismarck aufgefordert, Maßnahmen gegen ein angebliches „Judenproblem“ zu ergreifen. In der Petition heißt es, dass „Maßregeln, welche dem Ueberwuchern des Judentums Halt gebieten, unabweisbar geboten“ seien. Insgesamt 256.000 Menschen schlossen sich ihr an. In der Dokumentation der Petition im Netz unter „Deutsche Geschichte in Dokumenten und Bildern“ steht „Konsistorialrat Dr. A. Ebrard, Erlangen“ an siebter Stelle der Unterzeichner.

Besondere Brisanz erlangt die Haltung Ebrads, die bislang historisch unbearbeitet blieb, durch einen antisemitischen Mord aus dem Jahr 1980. In diesem Jahr erschoss ein Anhänger der rechtsradikalen Wehrsportgruppe Hoffmann den Verleger und ehemaligen Vorsitzenden der israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg, Shlomo Lewin, und seine Lebensgefährtin Frida Poeschke in deren Wohnung in der Ebrardstraße. Der Mord gilt als eine der schwersten rechtsradikalen Taten nach dem Zweiten Weltkrieg.

In der Stadt Erlangen hat nun eine Debatte begonnen, ob die Ebrardstraße umbenannt werden muss. Susanne Gillmann, Pfarrerin der reformierten Gemeinde, plädiert dafür, in der Straße mit einer Stele an den Mord und an die antisemitische Haltung ihres Namensgebers zu erinnern. Die Gemeinde wolle sich zudem in einer Reihe mit antisemitischen Positionen in Gesellschaft und Theologie des 19. Jahrhunderts auseinandersetzen.

Ebrard muss wohl für die Reformierten des 19. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle gespielt haben. Er war nicht nur von 1847 bis 1853 erster reformierter Lehrstuhlinhaber in Erlangen. Laut seinem Wikipedia-Eintrag schuf er 1851 die Reformierte Kirchenzeitung und gehörte 1884 zu den Gründern des Reformierten Bundes. 1876 wurde er zum Moderator der bayerischen Synode reformierter Gemeinden gewählt.


Quelle: ErK