Archäologie-Rätsel im Mainzer Alten Dom St. Johannis

Hessen-Nassau:


© EKHN

Ein 1.000 Jahre alter Sarkophag im Alten Dom St. Johannis in Mainz ist geöffnet worden. Die Identität des Bestatteten noch nicht gelüftet.

Ein 1000 Jahre alter Sarkophag im Alten Dom St. Johannis wurde am Dienstag  geöffnet. Ein vierzehnköpfiges Wissenschaftsteam von Archäologen, Anthropologen und Textilwissenschaftlern stand bereit, als sich der Deckel des Steingrabs hob. Nach ersten Erkenntnissen wurde dort ein Geistlicher bestattet. Wer diese Person war und in welcher Zeit sie gelebt hat, ist bis dato noch nicht zu bestimmen. Weitere Untersuchungen werden darüber Aufschluss geben. Zu sehen waren die sterblichen Überreste sowie Stofffragmente mit Goldbordüre. Die Vermutung, dass in dem Grab der Mainzer Erzbischof Erkanbald bestattet liegt, kann bisher noch nicht bestätigt werden. Erkanbald war von 997 bis 1011 Abt von Fulda und von 1011 bis zu seinem Tod 1021 Erzbischof von Mainz.

Bereits seit Montag hatte die Dombauhütte die Hebung des 700 Kilo schweren Sarkophagsdeckels mit einem Hebekran vorbereitet. „Wir haben schnell festgestellt, dass viele Stoffreste in den Sarkophag zu finden sind“, sagte der wissenschaftliche Forschungsleiter Guido Faccani. Die Knochen der bestatteten Person seien dagegen völlig verfallen. „Nicht einmal Zähne sind zu finden. Der Verstorbene wurde bei seiner Bestattung wahrscheinlich mit Ätzkalk übergossen, um den Verwesungsprozess zu beschleunigen.“ Die Stoffproben werden nun von einer Textilexpertin in Bezug auf Webarten und Muster tiefgehender analysiert um sie einer Epoche zuzuordnen. Für weitere Untersuchungen sind rund zwei Wochen vorgesehen.

„Die Sarkophagöffnung war sehr spannend, aber auch ein geistlich bewegendes Ereignis. Wir sind hier konfrontiert mit Vergänglichkeit und Hoffnung zugleich“, sagte Volker Jung, Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau bei der Öffnung des Grabs. Gemeinsam mit Bischof Peter Kohlgraf hielt er zu Beginn der Arbeiten eine Andacht. Auch Kohlgraf zeigte sich begeistert: „Wir waren hier und heute Teil einer ökumenischen Glaubensgeschichte“.

Dekan Andreas Klodt vom Evangelischen Dekanat Mainz sieht im Alten Dom St. Johannis einen Ort mit ganz besonderer historischer Bedeutung: „In diesem Gebäude wurde schon von vielen Generationen vor uns gesungen, gezweifelt, gebetet und gehofft haben. Ich bin stolz, dass wir die Bauherrenschaft in dieser Kirche haben und hier Gottesdienst feiern dürfen.“ Neben der Faszination an dem Fund, sieht Birgit Pfeiffer, Präses des Evangelischen Dekanats Mainz, auch die große Verantwortung, die damit einhergeht: „Wir waren alle atemlos fasziniert bei der Öffnung. Nun wird es eine große Herausforderung für uns, mit dem Fund und der Kirche umzugehen und dieses auch der Allgemeinheit zugänglich zu machen.“

Bereits 2017 kam bei den Grabungen eine Ecke des Sarkophags zum Vorschein, der in den Boden der St. Johanniskirche eingelassen war. Die Schichteinbindung oder Stratigraphie, aber auch das Walmdach des Sarkophags – als Zeichen des „Haus des Toten“ – gaben Hinweise darauf, dass der Sarkophag aus dem 10./11. Jahrhundert stammt. Die Bestattung in einem solchen Steinsarg und die Platzierung dessen nahe dem Altarraum, zeugen zudem davon, dass dort eine hochrangige Person bestattet sein muss. Die Archäologen trugen Schicht für Schicht über dem Sarkophag ab, um diesen völlig frei zu legen – in dem Zustand, in dem er vor rund 1000 Jahren in die Kirche gelegt wurde. Der Deckel wird nach der wissenschaftlichen Untersuchung wieder verschlossen werden und der Tote darf weiter in der St. Johanniskirche ruhen.

Die Kosten für die Grabungen im Alten Dom lagen von 2013 bis heute bei circa 7 Millionen Euro. Diese wurden von der Evangelischen Kirche, dem Land und dem Bund getragen. Die Kosten für die Öffnung und wissenschaftliche Untersuchung des Sarkophags sind gedeckt durch die Großspende des Bistums Mainz, die Bischof Karl Kardinal Lehmann 2015 in Höhe von 100.000 Euro an die Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) zur Unterstützung der Grabungen übergab. Die Spende sollte ein Zeichen für das gemeinsame große Interesse an der Geschichte des Alten Doms St. Johannis sein aber auch ein Zeichen des ökumenischen Miteinanders, für das St. Johannis steht.

Der Öffentlichkeit wird das Grab am Samstag, 8. Juni, von 11 bis 15.30 Uhr zugänglich gemacht. Eingang ist im Ostchor. Dr. Guido Faccani und Stadtkirchenpfarrer an St. Johannis Gregor Ziorkewicz stehen dann für Erläuterungen bereit.


Quelle: EKHN