Augsburger Bekenntnis in Grundordnung der EKD? Kammer für Theologie rät ab

Neue Aufmerksamkeit für reformierte Tradition im Calvinjahr und zum Jubiläum der Barmer Theologischen Erklärung

EKD. Das Augsburger Bekenntnis von 1530 ist einer der wichtigsten Bekenntnistexte der Reformation und der aus ihr hervorgegangenen Kirchen. Auch aus dieser Erkenntnis heraus ist vor einigen Jahren der Vorschlag gemacht worden, die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) solle das Augsburger Bekenntnis (lateinisch: Confessio Augustana) als Grundbekenntnis in ihre Grundordnung aufnehmen.

Auf diese Weise könnte aus lutherischer Perspektive - so wird gesagt - das Kirche-Sein der EKD theologisch noch besser begründet werden. Der Rat der EKD hat daraufhin seine Kammer für Theologie, deren Vorsitz Michael Beintker (Münster) und Professor Dorothea Wendebourg innehaben, um ein beratendes Votum zu dem Vorschlag gebeten. Dieses Votum liegt jetzt vor und kommt zu dem Ergebnis: „Die Kammer für Theologie empfiehlt dem Rat der EKD, das Augsburger Bekenntnis nicht als Grundbekenntnis in die Grundordnung der EKD aufzunehmen.“

Das Votum der Kammer sowie weitere Texte zu diesem Thema wurden am Montag, 28. September, unter dem Titel „Soll das Augsburger Bekenntnis Grundbekenntnis der Evangelischen Kirche in Deutschland werden?“ als Nummer 103 der Reihe EKD-Texte veröffentlicht.

Das Votum wurde begründet, indem drei vorgelagerte Fragen beantwortet wurden. Erstens: „Welchen Sinn hat die Aufnahme von überlieferten Bekenntnistexten in die Grundordnungen und Kirchenverfassungen der einzelnen evangelischen Kirchen ganz allgemein?“ Zweitens: „Wie verhält sich die Grundordnung der EKD als einer Gemeinschaft einzelner evangelischer Kirchen zu den Grundordnungen ihrer Gliedkirchen?“ Drittens: „Was würde die Aufnahme des Textes des Augsburger Bekenntnisses in die Grundordnung der EKD bedeuten?“

Der Rat der EKD hat dem Fazit der Kammer zugestimmt und damit den Vorschlag zurückgewiesen, das Augsburger Bekenntnis solle zum Grundbekenntnis der EKD gemacht werden. Die mit dem Vorschlag verbundene Bereitschaft zu einer Stärkung des Kirche-Seins der EKD wurde dabei vom Rat positiv gewürdigt; er erinnerte in diesem Zusammenhang an sein im Jahr 2001 abgegebenes Votum zur „Kirchengemeinschaft nach evangelischem Verständnis“. Dort hieß es, die EKD bilde zwar „kirchenrechtlich nicht eine Kirche, wie ihre Gliedkirchen es sind.“ Dennoch sei sie im vollen theologischen Sinne des Wortes Kirche. Der Rat hatte seinerzeit gefolgert: „Maßnahmen, durch welche die EKD erst Kirche werden müsste, sind nicht nötig, da sie es im theologischen Sinne schon ist, denn Kirchengemeinschaft ist Kirche“.

In der 118seitigen Broschüre sind neben dem Votum der Kammer für Theologie auch der ursprüngliche Vorschlag von Professor Gunther Wenz (München) sowie die im Verlauf der Beratungen gehaltenen Referate der Professoren Wolf-Dieter Hauschild (Münster), Jan Rohls (München),  Georg Plasger (Siegen) und des Präsidenten des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes, Thomas Wipf (Bern), abgedruckt. Diese führen in die kirchengeschichtlichen und systematisch-theologischen Hintergründe ein. Damit wird ein komprimierter Überblick über ein komplexes Thema geboten.

Der Präsident des Kirchenamtes, Hermann Barth, kommentiert im Vorwort diese Ausarbeitung so: „Dadurch wird es einem breiteren Leserkreis in Kirche und Theologie ermöglicht, die für das Ergebnis des Votums der Kammer ausschlaggebenden Argumente nachzuvollziehen und sich ein eigenes Urteil zu bilden.“ Barth rückt den Text auch vor den Hintergrund des doppelten Jubiläums der Barmer Theologischen Erklärung und des Genfer Reformators Johannes Calvin im Jahr 2009: „Die durch den Vorschlag von Professor Wenz ausgelöste und durch die Kammer für Theologie fortgeführte Diskussion über die Bedeutung von Bekenntnissen (und Bekenntnisschriften) ist nicht zuletzt deshalb zu begrüßen, weil durch sie auch eine neue Aufmerksamkeit geschaffen wurde für die wichtige Rolle, die in dieser Hinsicht die Barmer Theologische Erklärung und die im Heidelberger Katechismus präsente reformierte Tradition spielen. Das ist gerade im Jahr 2009, in dem der 75. Jahrestag der Barmer Bekenntnissynode und der 500. Geburtstag von Johannes Calvin begangen worden sind, eine willkommene Akzentuierung.“

Der EKD-Text 103 „Soll das Augsburger Bekenntnis Grundbekenntnis der Evangelischen Kirche in Deutschland werden? Ein Votum der Kammer der Evangelischen Kirche in Deutschland für Theologie “ ist erhältlich beim Kirchenamt der EKD (Herrenhäuser Straße 12, 30419 Hannover, Telefon: 0511/2796-460, Email: versand@ekd.de).

Der EKD-Text 103 ist hier nachzulesen >>>

Hannover, 28. September 2009 / Pressestelle der EKD / Reinhard Mawick

Inhaltsverzeichnis

Vorwort
Hermann Barth

Beratendes Votum an den Rat der EKD zur Frage der Aufnahme des Augsburger Bekenntnisses als Bekenntnis der EKD in die Grundordnung der EKD
Kammer für Theologie der EKD

Die Confessio Augustana als evangelisches Grundbekenntnis?
Ein Beitrag zur Strukturdebatte der EKD
Gunther Wenz

Die Geltung der Confessio Augustana im deutschen Protestantismus zwischen 1530 und 1980 (aus lutherischer Sicht)
Wolf-Dieter Hauschild

Die Confessio Augustana in den reformierten Kirchen Deutschlands
Jan Rohls

Die Confessio Augustana als Grundbekenntnis der Evangelischen Kirche in Deutschland? Anmerkungen und Überlegungen aus reformierter Perspektive
Georg Plasger

Bringt uns ein (gemeinsames) Bekenntnis weiter?
Eine reformierte Schweizer Stimme im Raum der Leuenberger Kirchengemeinschaft GEKE
Thomas Wipf


Barbara Schenck