Bis neulich

Mittwochs-Kolumne von Georg Rieger

Letzten Samstag Abend war ich bei Volker Pispers. „Willkommen im politischen Kabarett!“ begrüßt er sein Publikum und rät, die Eintrittskarten aufzubewahren.

Wenn man dann einst nach dem Ende des Kapitalismus auf die eigene Verstrickung ins „Schweinesystem“ angesprochen würde, könne man den Karton mit den aufgehobenen Karten hervorholen und sagen: „Hier! Ich war im Widerstand.“

Mit solchen und anderen Gags umschmeichelt Pispers die Zuhörer, um ihnen dann Schlag auf Schlag einzuschänken, was alles gehörig schief läuft. Und wie blöd – auch wir – uns verhalten, uns leicht verführen und täuschen lassen, wie bequem wir sind und wie irrational wir uns verhalten. Die ganze Verlogenheit der Politik, der Wirtschaft und auch des menschlichen Zusammenlebens ist ihm ein Gräuel. Und die meisten Beispiele sind so nachvollziehbar, ja zwingend logisch, dass man einfach nur verzweifeln möchte angesichts der Dummheit, Sturheit und Uneinsichtigkeit der Menschheit.

Dass höhere Steuer unglücklich machen, dass die SPD mit den Linken nicht koalieren kann, dass ... Volker Pispers weist nach, dass das alles nicht stimmt, sondern nur vorgeschoben wird. Und warum sehen das nicht alle so wie Volker Pispers und ich und vielleicht die paar Tausend hier jetzt in der Meistersingerhalle in Nürnberg?!

Auch die Religion bekommt ihr Fett weg. „Wer an Gott glaubt, ist zu faul zum denken“, ist noch einer der harmlosen Pispers-Pointen gegen die Kirche und den Glauben. Immer wieder stichelt er gegen die Doppelmoral der katholischen Kirche und die Schlafmützigkeit der Protestanten. Das sitzt. Mein Lachen ist nicht mehr so laut wie gerade vorhin, als es um die Nutzlosigkeit der FDP ging. Aber dann denke ich wieder: Ja, wir müssen auch über uns selbst lachen können.

Volker Pispers ist unverkennbar ein Atheist. Trotzdem ist er mir sehr sympathisch. Er ist unverkennbar auch ein Humanist. Er meint es gut mit den Menschen. Sein Prinzip ist die Vernunft. Und zwar in einer Weise, die ich bis zum Schluss mitgehen kann. Bis zu dem Punkt, an dem ich sagen würde: "Warum kann ich dann jetzt nicht auch an Gott glauben? Für mich ist das kein Widerspruch."

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Georg Rieger