Die Pfälzer Auswanderer
Die enorme Zahl der Ankommenden stellt die Behörden vor unerwartete Probleme: Wo diese vielen elenden Gestalten unterbringen, die von Woche zu Woche die Grenze überschreiten? In aller Eile werden Hütten gebaut. Wie sie versorgen? Ein Begrüßungsgeld wird ausgezahlt. Um die Hauptstadt zu entlasten, sollen die Ankommenden auf das Land verteilt werden. Der Mitarbeiterstab der Behörden wird eigens dafür aufgestockt. Die Konkurrenz um Arbeitsplätze führt zu Konflikten mit der einheimischen Bevölkerung. Und dabei werden dringend Einwanderer und qualifizierte Kräfte gebraucht…
Was so aktuell erscheint, ereignete sich in London im Jahr 1709. Es kam zur ersten großen Auswanderung von Pfälzern. Im 18. Jahrhundert wanderten in kurzer Zeit so viele Menschen aus der Kurpfalz aus, dass der Name »Pfälzer« bald zu einem Synonym für »Auswanderer« wurde. Ziele waren u.a. England und Irland, die englischen Kolonien in Nordamerika, das Königreich Brasilien und das Zarenreich Russland. In Deutschland haben Ortsnamen wie »Pfalzdorf« die geschichtliche Erinnerung bewahrt. Und im heutigen Ortsteil Veltenhof in Braunschweig, wo sich vor über 260 Jahren Familien aus der Pfalz niederließen, wird von einigen noch die alte pfälzische Mundart gesprochen.
Die Gründe für diese massenhafte Auswanderung waren vielfältig: Klimatische Faktoren führten zu Missernten; Hungersnöte und Seuchen waren die Folge. Truppen des französischen Königs Ludwig XIV. verwüsteten das Land; die freie Ausübung des protestantischen Glaubens wurde unterdrückt; das Erbrecht führte zu einer permanenten Verkleinerung der Grundstücke, die schließlich keine Lebensgrundlage mehr boten; Steuererhöhungen machten den Alltag unerträglich. So blieb Emigration oft als einziger Ausweg.
Manche durften jedoch aus rechtlichen Gründen nicht in ihrem Zielland bleiben, und andere kehrten enttäuscht wieder zurück. Die große Mehrheit der Ausgewanderten aber fand eine neue Heimat. Für sie, ihre Kinder und Enkel stand die Zukunft nun unter der Überschrift »Integration«.
Klaus Kuhlmann
Mehr als 65 Millionen Menschen werden derzeit weltweit als Flüchtlinge gezählt. Auch in vergangenen Jahrhunderten gab es vielfältige Gründe, aus der Heimat zu fliehen. Sabine Dreßler, David Ganek und Klaus Kuhlmann erzählen drei Geschichten von Verfolgung, Flucht und Neuanfang, die die reformierten Kirchen bis heute prägen.
Verfolgung, Flucht und Neuanfang.pdf
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