An der Feier in der Heidelberger Heiliggeistkirche nahmen am Samstag u. a. der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider, Landesbischof Ulrich Fischer, Erzbischof Robert Zollitsch, der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann, sowie Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner teil. Zugleich wurde die internationale Ausstellung „Macht des Glaubens“ im Kurpfälzischen Museum und im Heidelberger Schloss eröffnet.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, würdigte den Heidelberger Katechismus als ein Bekenntnis, „das keine Dogmatik verordnete, sondern argumentierte und versuchte zu überzeugen.“ Mit einem Glauben, der das Verstehen sucht, „wollte der Heidelberger Katechismus im Kontext der Universität ebenso bestehen wie in der persönlichen Seelsorge“, sagte der höchste Repräsentant des deutschen Protestantismus. Ohne Zwang und Gewalt, allein mit dem Wort und dem guten Argument sollte der Glauben vermittelt werden. „In der Zuordnung von Macht und Glaube haben wir eine lange und schmerzhafte Lerngeschichte hinter uns“, erklärte Schneider. Die Geschichte habe zu der Erkenntnis geführt, „dass nur die Macht des Geistes und nicht die Macht des Schwertes den Streit um die theologische Wahrheit prägen darf“. Daran erinnere die evangelische Kirche auf dem Weg zum Reformationsjubiläum auch derzeit mit dem Themenjahr „Reformation und Toleranz“.
Für den evangelischen Landesbischof von Baden, Ulrich Fischer, liegt die wichtigste Wirkung des Heidelberger Katechismus „damals wie heute in der Zuspitzung christlicher Glaubenslehre auf existenzielle Fragen der Menschen“. Mit der Antwort auf die erste Frage „Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?“ entfalte der Katechismus „die gesamte Macht des Glaubens, die unser Leben trägt“, sagte Fischer. Er hob zugleich den positiven Einfluss hervor, den reformierte Glaubensflüchtlinge aus Westeuropa in die Kurpfalz gebracht hätten. Mit der späteren Union von Lutheranern und Reformierten 1821 und dem steten Bemühen um einen Konsens über konfessionelle Grenzen hinweg habe Baden „räumlich und inhaltlich das Erbe des Heidelberger Katechismus angetreten“, betonte der Landesbischof.
Für Ministerpräsident Kretschmann werfe „die Ambivalenz in der Wirkungsgeschichte des Heidelberger Katechismus ein wichtiges Licht auf unser heutiges Staat-Kirche-Verhältnis“. Kirchen und Religionen seien wichtige Gestaltungskräfte der Gesellschaft und würden staatlichem Handeln bedeutsame Impulse für das gesellschaftliche Miteinander geben. Wichtig sei, „dass der Staat die gesellschaftliche Bedeutung der Kirchen und Religionsgemeinschaften erkennt und würdigt, sich aber einer Bewertung der Religion enthält“, sagte Kretschmann. Die Erfahrungen des Heidelberger Katechismus zeigten zugleich, dass Staat und Religion nicht ineinander aufgehen dürfen.
Auch Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner unterstrich in der Heiliggeistkirche „die enorme Wirkung eines kleinen Buches, das die Welt veränderte“. Er betonte, dass die Menschen vor 400 Jahren mit ähnlichen Problemen konfrontiert waren wie wir heute. „Auch sie erlebten ihre Zeit als Umbruch und Krise, beispielsweise durch die zunehmende Bedeutung der Medien infolge des Buchdrucks oder die Häufung von Naturkatastrophen“, sagte Würzner. Für ihn liegen „die Bedeutung und das politische Vermächtnis des Heidelberger Katechismus in der Toleranz im Sinne von Akzeptanz auch anderer Auffassungen“.
Mit hochkarätigen Leihgaben aus dem In- und Ausland (u. a. aus London, Paris, Delft, Wien, Hamburg, Berlin und München) illustriert die Ausstellung „Macht des Glaubens“ bis zum 15.9.2013 die Entstehungszeit des Heidelberger Katechismus als einer Zeit der Krise und des Umbruchs um 1600. An den zwei Standorten im Kurpfälzischen Museum und im Heidelberger Schloss wird diese Zeit in Portraits, kostbaren Handschriften, Grafiken, Waffen, edlen Kunstgerätschaften und Animationen wieder lebendig.
Das Festwochenende zum Jubiläum wurde am gestrigen Donnerstag mit einem Gottesdienst zu Christi Himmelfahrt eröffnet, der in der ARD live übertragen wurde. Am kommenden Sonntag, dem 12. Mai, findet der Abschlussgottesdienst statt, mit ökumenischen Gästen aus den Niederlanden, Tschechien, Rumänien, Ghana, Kamerun und Indonesien. Die Predigt hält Landesbischof Ulrich Fischer.
Die 1563 in Heidelberg veröffentlichte Bekenntnisschrift „Heidelberger Katechismus“ wurde weltweit verbreitet, in 40 Sprachen übersetzt und ist bis heute die bedeutendste Schrift der reformierten Kirche. Auch die Evangelische Landeskirche in Baden zählt den Heidelberger Katechismus zu ihren Bekenntnisgrundlagen.
Hannover, 10. Mai 2013
Pressestelle der EKD
Reinhard Mawick
Nikolaus Schneider am 11. Mai 2013 in der Heiliggeistkirche zu Heidelberg
450 Jahre Heidelberger Katechismus