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Frage

Glaubenssachen

Was ist das? - Fragen 2021
Können wir alte Begriffe heute noch gebrauchen? Und wenn ja wie?
Mit Missverständnissen aufräumen. Ursprüngliche Bedeutungen freilegen. In die heutige Sprache übersetzen. Für das Leben nutzbar machen. Lizenz: CC-BY-SA 4.0

Frage

Moral

Was ist das?

Als Moral wird gemeinhin das bezeichnet, was die vorherrschende Meinung über richtiges Verhalten ist, also was von einer Mehrheit oder einer mächtigen Instanz vertreten wird. Daher rührt auch der negative Beiklang des Adjektivs „moralisch“. Wir lassen uns ungern bevormunden. Im persönlichen Umgang reagieren wir daher allergisch auf moralische Besserwisserei. Auch von den Kanzeln möchte niemand mahnende Worte hören.

Auf Facebook, Twitter, Telegram & Co tummeln sich dagegen jede Menge Moralapostel. Ohne Hemmungen wird aus der Anonymität des Internets heraus zum Besten gegeben, was angeblich gut und was schlecht ist. Die Unterschiede, die sich da auftun, sind beunruhigend – auch die Radikalität mancher Ansichten und die mangelnde Dialogbereitschaft.

Solche Entwicklungen zeigen, dass die Diskussion über moralische Themen vernachlässigt worden ist und nachgeholt werden muss. Eine offene Debatte über Menschenbilder, Werte und Normen ist für eine Gesellschaft und auch für die Kirche unabdingbar. Schön wäre, wenn diese Debatte jenseits von Bevormundung und Auflehnung stattfinden könnte.


Georg Rieger, Nürnberg
Furcht

Was ist das?

In unserem Sprachgebrauch ist Furcht fast gleichbedeutend mit Angst. Wenn in der Bibel und in Kirchenliedern von der ‚Furcht des Herrn‘ die Rede ist, merken wir aber, dass in diesem Zusammenhang etwas anderes gemeint ist. Eher geht es in die Richtung Ehrfurcht oder Respekt. Doch auch diese Bedeutungen treffen den Sinn der Aussagen an vielen Stellen nicht. Denn es geht nicht um eine Geste der Unterwerfung, die uns abverlangt wird, sondern um ein tiefes Einverständnis, das uns geschenkt werden soll. Gottesfurcht soll also Trost spenden und zu einem menschenfreundlichen Handeln motivieren.

Das Erschrecken vor Gott und die Furcht vor seiner Reaktion gibt es in der Bibel freilich auch. Gerade in den Psalmen und prophetischen Büchern ist Gott oft auch die Ursache für Angst, Last und Enge. Was wir heute als schicksalshafte Störung, systembedingte Überlastung oder aufgezwungene Einschränkung empfinden, hatte so einen Namen. Es gab eine Adresse, an die Klagen, Wut und Bitten gerichtet werden konnten. Die Ehrfurcht vor Gott und seiner Unergründlichkeit kann also auch davor bewahren, dass wir uns für jeden Umstand gegenseitig verantwortlich machen und darin unversöhnlich mit der Welt werden.


Georg Rieger, Nürnberg
HOFFNUNG

Was ist das?

Wir richten ganz selbstverständlich unser Leben an der Zukunft aus. Was auf uns zukommen könnte, löst einerseits Ängste aus und anderseits positive Erwartungen. Beiden Empfindungen fehlt es an Gewissheit. Die versuchen wir zu erreichen, indem wir mit Wahrscheinlichkeiten rechnen und Pläne machen.

Auch unser Glauben setzt voraus, dass es so etwas wie einen Plan gibt. Diesen kennen wir zwar nicht, dürfen uns aber darauf verlassen, dass alles, was die Zukunft bringt, einen Sinn hat. Mit einem Hauch von Vermessenheit sprechen wir von einer „begründeten Hoffnung“.

Tatsächlich verschafft der Glaube keine Kenntnis darüber, was in Zukunft passiert. Er kann aber Grund für eine gewisse Gelassenheit sein, die es zwischen Sorge und Hoffnung braucht.


Georg Rieger, Nürnberg
Neues Jahr, neues Glück?

Perspektivwechsel

Nach so einem Krisenjahr liegt es nahe, mit dem Beginn eines neuen Jahres auf Veränderung respektive auf Verbesserung zu hoffen. Rational ist eine solche Hoffnung nicht, weil der Jahreswechsel für Ereignisse wie eine Pandemie keine Marke ist. Der 1. Januar wird diesbezüglich dem 31. Dezember sehr ähnlich sein.

Doch ein neuer Zeitabschnitt kann auch einen Perspektivwechsel bedeuten. Weil wir es uns wünschen, sehen wir die Dinge anders. Es könnte doch wirklich etwas Neues beginnen. Die psychologische Wirkung eines Jahreswechsels ist nicht zu unterschätzen. Auch der Abschluss mit dem hinter uns liegenden turbulenten Zeiten tut gut.

Da in diesem Jahr der Jahreswechsel nicht mit ausgelassenen Parties, zu viel Alkohol und lauter Böllerei begangen wird, könnte auch ein anderer Perspektivwechsel gut anstehen: Dankbar zurückblicken auf die vielen Dinge, die trotz Corona gut waren, und für die Zukunft andere Ziele setzen als nur ein Zurück zu dem Gewohnten.


Georg Rieger, Nürnberg
Online Gottesdienst feiern

Perspektivwechsel

Nachdem einige Landeskirchen und andernorts Gemeinden für sich entschieden haben, über Weihnachten und bis ins nächste Jahr hinein keine Präsenzgottesdienste mehr anzubieten, werden die Kameras und Mikrofone wieder in Position gebracht und gefilmte Gottesdienste auf Videoportalen hochgeladen.

Aus der Not ist längst eine Tugend geworden und die Aufzeichnungen werden teils von Profis gemacht, so dass die Online-Verkündigung nicht mehr so als Notbehelf ankommt. Manche Gemeindemitglieder freuen sich, den Gottesdienst mit einer Tasse Kaffee im Bett erleben zu dürfen. Andere zünden sich eine Kerze an und ahmen die feierliche Atmosphäre des Kirchenbesuchs nach. Und für Viele ist das Internet kein Ersatz für den Besuch ihrer Kirche – auch das gilt es wahrzunehmen.

Vielleicht kommen also Einige nicht wieder, wenn die Kirchentüren wieder geöffnet sind. Was die Digitalisierung der Kirche angeht, sind Bedenken angebracht, doch für Pessimismus gibt es keinen Anlass. Noch immer haben sich die Kirchen was die Verkündigungsformen angeht an die Gegebenheiten und Interessen anpassen können. Nicht immer ganz schnell, aber dafür oft nachhaltiger als andere. Mag sein, dass sich manches ins Internet verlagert -auch für Seelsorge und Konfi-Unterricht ist das denkbar. Aber die Kirchengebäude werden nicht leer bleiben. Menschen zu begegnen wird insbesondere nach der Pandemie wichtig und beliebt sein.


Georg Rieger, Nürnberg
Sich impfen lassen

Perspektivwechsel

Möglicherweise ist es schon bald möglich, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen. Somit besteht Hoffnung, dass das Ende der Pandemie eingeläutet werden kann. Die Reihenfolge der Impfkandidat*innen bestimmt eine Ethik-Kommission. Besonders gefährdete und ältere Personen werden bevorzugt die Chance haben, immun zu werden.

Die andere Frage ist, wer sich überhaupt impfen lassen will, wenn es dann möglich ist. Es gibt nicht nur generelle Impfgegner*innen, sondern auch viele, die skeptisch sind, weil die Zulassung so viel schneller als sonst vonstatten geht. Solche Bedenken sollten ernst genommen werden.  Vielleicht können sie dann wissenschaftlich und hoffentlich bald durch gute Erfahrungen entkräftet werden.

Ziel der Impfung ist neben dem individuellen Schutz auch, die Pandemie auszubremsen und schließlich auszutrocknen. Doch das wird dauern. Bis dahin wird es viel Sensibilität brauchen, um das Verhältnis von Geimpften, Noch-nicht-Geimpften und Impfverweigerern nicht zu vergiften. Der Ausweg aus Corona wird wiederum zu einer gesellschaftlichen Bewährungsprobe.


Georg Rieger, Nürnberg
Anders Weihnachten feiern

Perspektivwechsel

Es gibt wenige Riten, die unsere Gesellschaft verbinden. Das Weihnachtsfest im Kreis der Familie gehört unbestreitbar dazu. Weit mehr Menschen als die, die mit dem Ereignis der Geburt Jesu etwas verbinden, nehmen Weihnachten zum Anlass, im engen Kreis der Familie zusammenzukommen. Erinnerungen an die Kindheit werden geweckt und Traditionen gepflegt, Geschenke ausgetauscht. Mehr noch als Silvester übernimmt Weihnachten so etwas wie den Abschluss des Jahres.

Kann so ein Ereignis ausfallen? Oder jedenfalls stark verändert stattfinden? Ältere Menschen sind diesbezüglich gelassener als jüngere, weil sie von schlimmeren Weihnachtsfesten wissen oder sie sogar erlebt haben. Und fast die Hälfte der Bevölkerung wäre laut einer ZDF-Umfrage bereit, über Weihnachten Einschränkungen hinzunehmen.

Gegen alle Vernunft Menschenleben aufs Spiel zu setzen, passt nicht zu Weihnachten – noch weniger als zum Rest des Jahres. Eine liebgewonnene Angewohnheit auszusetzen ist im vorliegenden Fall geboten. Allerdings mit Augenmaß und Achtsamkeit: Niemand sollte an diesem Tag und an diesen Tagen alleine sein müssen. Vielleicht kann dieses reduzierte Weihnachten für das Wesentliche die Augen öffnen und uns so in guter Erinnerung bleiben.


Georg Rieger, Nürnberg
Welches der vielen Gesetze kann ich getrost vergessen?

Keines. Im Gesetz steckt keine Erlösung, aber Weisheit. Wenn ich erfahre, dass Gott mich annimmt trotz meiner Sünde, kann ich erst recht die Weisheit z. B. der zehn Gebote erkennen. Ich erfülle sie allein aus Dankbarkeit für mein Angenommen sein.


aus: glauben 12