Gleiche Rechte für alle als Messlatte der Religionsfreiheit

Ein vom ÖRK erarbeiteter internationaler Studienprozess bereitet einen Bericht über Religionsfreiheit als grundlegendes Menschenrecht für alle vor.

Das elementare Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird oft sowohl von Regierungen als auch von Einzelpersonen verletzt, die entweder aus eigener Initiative oder als Mitglieder von Mehrheiten handeln. Trotz bedeutsamer Initiativen von Staaten und der internationalen Gemeinschaft erleiden religiöse Minderheiten in mehreren Teilen der Welt aufgrund ihrer Religion immer öfter Diskriminierung, Gewalt oder Feindseligkeiten und Verfolgung.

Wie weit Religions- und Glaubensfreiheit in pluralistischen Gesellschaften als absolutes Recht betrachtet werden kann sowie ihre Verbindung zu verschiedenen Menschenrechts­aspekten waren die zwei Themen im Zentrum der Gespräche von Expertinnen und Experten, die an einer von der Kommission der Kirchen für internationale Angelegenheiten (CCIA) des ÖRK organisierten internationalen Konsultation teilnahmen

Gleiche Rechte für alle Menschen in jeder Gesellschaft: das muss der umfassende Parameter sein, auf den wir uns – über rechtliche Maßnahmen hinaus – stützen, wenn wir uns mit dem Thema der Religions- und Glaubensfreiheit in der gegenwärtigen Weltsituation beschäftigen. Diesen Grundsatz bekräftigten dreißig Expertinnen und Experten aus 23 Ländern aus Afrika, Asien, Nord-,Mittel- und Südamerika, Europa und dem Nahen Osten.

Die Konsultation fand vom 28. November bis 2. Dezember im türkischen Istanbul statt und wurde vom Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel organisiert.

Metropolit Gennadios von Sassima, stellvertretender Vorsitzender des ÖRK-Zentral­ausschusses, erklärte der internationalen Konsultation in seiner Eröffnungsrede: „Die Rolle aller Religionen und ihrer Anhängerinnen und Anhänger muss insbesondere darin bestehen, die Rechte aller Menschen zu schützen, unabhängig von ihrer religiösen Zugehörigkeit. Der Schutz der Rechte der Gläubigen aller Religionen muss einen wichtigen Teil der Arbeit zur Förderung des Friedens mit Gerechtigkeit und Gleichheit darstellen.“

Botschafter Theodoros J. Theodorou aus Griechenland bekräftigte in seiner Rede: „Die Nationen müssen die Bestimmungen der internationalen Menschenrechtsverträge ernst nehmen, indem sie sie in ihre eigenen Gesetze überführen. Systematischere Bemühungen sind erforderlich, damit die Regierungen weltweit die wichtigen Gesetze erlassen, die darauf abzielen, den religiösen Verfolgungen Einhalt zu gebieten.“

Religionsfreiheit ein historischer Schwerpunkt des ÖRK

Der Direktor der CCIA, Dr. Mathews George Chunakara, legte die historischen Beiträge des ÖRK zu Anliegen der Religionsfreiheit und der Menschenrechte dar.

Er betonte, dass die CCIA, die 1946 gemeinsam vom Internationalen Missionsrat und der Struktur, die die Gründung des ÖRK vorbereitete, geschaffen wurde, das Drängen auf internationale Standards für Religionsfreiheit zu einer ihrer ersten Aufgaben gemacht hatte. Der Beitrag des ÖRK zur Erarbeitung von Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (1948) wird weithin anerkannt.

„Alle Länder und ihre Regierungen, die verschiedene Menschenrechtserklärungen oder Übereinkommen und Verträge – darunter auch die Erklärung der Vereinten Nationen über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Überzeugung von 1981 – ratifiziert haben, sind dazu verpflichtet, die Menschenrechte aller Bürgerinnen und Bürger hochzuhalten. In Wirklichkeit wird dies jedoch nicht eingehalten und immer mehr Menschen sehen ihr Recht auf Religionsfreiheit und das Recht, als religiöse Minderheiten zu existieren, ernsthaft bedroht,“ stellte Mathews George fest.

Auf der nächsten Tagung der CCIA in der Volksrepublik China im Juni 2012 soll ein Bericht über Religionsfreiheit vorgestellt werden.

Laut Christina Papazoglou, ÖRK-Programmreferentin für Menschenrechte, hat „die Studienkonsultation Berichte aus 27 Ländern in fünf Regionen untersucht. Mehrere Beispiele von Verletzungen aus unterschiedlichen Ländern, aber auch positive Reaktionen, die Wege zeigen, die Religionsfreiheit zu schützen, wurden hervorgehoben.“

„Für die Zukunft,“ fügte Papazoglou hinzu, „haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konsultation zu einem umfassenden Mitwirken der Kirchenverantwortlichen im öffentlichen Leben und zur Beteiligung von politischen, religiösen und sozialen Institutionen an der Hochhaltung des Rechts auf Religionsfreiheit ermutigt. Außerdem betonten sie, die bestehenden Schutzmechanismen müssten gestärkt und wirksame Schutzvorkehrungen gegen die Verletzung von nationalem und internationalem Recht im Zusammenhang mit der Religionsfreiheit geschaffen werden.“

Der Studienprozess über die Religionsfreiheit und die Rechte religiöser Minderheiten wurde von der CCIA im Jahr 2010 auf ihrer 50. Tagung in Albanien ins Leben gerufen. Die CCIA schuf eine Arbeitsgruppe, die sich mit der Auswertung der Studie befasst.

Mehr über die Kommission der Kirchen für internationale Angelegenheiten

Menschenrechtsarbeit des ÖRK

Lesen Sie auch: Ecumenical Patriarch highlights freedom of religion and minority rights (Ökumenischer Patriarch betont Religionsfreiheit und Minderheitenrechte, ÖRK-Pressemeldung vom 1. Dezember 2011)


ÖRK, 8. Dezember 2011