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Das Rad muss nicht immer wieder neu erfunden werden. Bewährte Konzepte können viel Arbeit sparen und Enttäuschungen vermeiden helfen.
Wir haben für Sie eine Linkliste mit interessanten Materialien zusammengestellt:
Gottesdienste ohne Pastor*innen
Ein besonderes Gottesdienstprojekt in Braunschweig
Die Ev.-reformierte Gemeinde Braunschweig hat zwei Kirchen: die Bartholomäuskirche in der Innenstadt, in der Predigtgottesdienste am Sonntagmorgen gehalten werden, und die Mühlenkirche im Ortsteil Veltenhof, die aufgrund der Besonderheit des Raumes für das andere Konzept der „Abendkirche“ sehr gut geeignet ist.
Vor Ort findet die „Abendkirche in der Mühle“ somit als ein ergänzendes Angebot zu den Predigtgottesdiensten statt. Sie findet jeden, wirklich jeden, Sonntagabend statt, also auch, wenn am Morgen schon ein Gottesdienst, etwa zu einem Feiertag, in eben dieser Mühlenkirche gehalten wurde, und sie ist kürzer gehalten, etwa 30 Minuten plus. Diese Regelmäßigkeit ist wichtig für das Konzept, so dass Menschen wissen: am Sonntag um 18 Uhr kann ich eine „halbe Stunde zwischen alter und neuer Woche“ für mich reservieren.
Die Abendkirche hat bewusst eine andere Ordnung als der Hauptgottesdienst, die jedoch auch variiert werden kann. Hier können mit Worten, Bildern und Symbolen biblische Texte zum Wirken gebracht werden, die Gemeinde kann aktiv einbezogen werden, auch die Gestaltung des Raumes (das Mühlenrund) kann entsprechend der Idee und dem jeweiligen Thema des Gottesdienstes erfolgen.
Es ist möglich, dass die musikalische Gestaltung unter Einbeziehung von Solisten oder Chören im Vordergrund steht, ein anderes Mal sind es Predigt- und Wortbeiträge, eine Bildmeditation oder Ähnliches, die den Gottesdienst bestimmen. Die Uhrzeit begünstigt insgesamt einen „meditativen Charakter“ des Gottesdienstes, der aber nicht zwingend notwendig ist.
Die Themen und Inhalte sind monatlich und/oder kirchenjahreszeitlich vorgegeben (z.B. kann ein biblisches Buch oder ein biblisches Thema für einen Monat lang im Vordergrund stehen; aktuelles Geschehen und gegenwärtige Fragen werden aufgenommen ebenso wie Biographisches oder Historisches) und werden entsprechend im Gemeindeblatt bekannt gemacht, so dass die Gemeinde wissen kann, was sie inhaltlich erwartet.
Diese Themen, die Planung und Vorbereitung sowie die Durchführung der „Abendkirche“ wird von einer Gruppe aus der Gemeinde verantwortet, die sich regelmäßig zu Vor- und Nachbereitung trifft. Zusätzlich zu den Pastoren arbeiten dabei Mitarbeiterinnen und Nicht-Theologen/innen der Gemeinde mit, letztere gestalten inzwischen auch ohne Beteiligung der Pastoren die Gottesdienste. Ebenso können verschiedene Gruppen aus der Gemeinde in die Gestaltung mit einbezogen werden. Auch dies kommt der Gemeinde zugute: sie erlebt sich als Gemeindekirche, nicht als „Pastoren“-kirche.
Voraussetzung dafür ist die sorgfältige Fortbildung der Nicht-Theologen/innen: in Seminaren und Planungstreffen wird miteinander sowohl theologisch als auch liturgisch gearbeitet; der Kompetenzzugewinn nach inzwischen dreijähriger Praxis ist enorm. Auch die Annahme durch die Gemeinde bestätigt dies.
Hinsichtlich der liturgischen Praxis sind der Mut zur Reduktion und zur Wiederholung, zum gemeinsamen Sprechen liturgischer Texte, etwa der Eröffnung, die Bereitschaft zu einer schlichten und gleichzeitig verantworteten Sprache in Wortbeiträgen und musikalischen Anteilen, aber auch das Schweigen- und Innehalten-Können wichtige Bestandteile.
Insgesamt ist dieses Konzept als unbedingt positiv für die Gemeinde und für die Belebung gottesdienstlicher Praxis zu beurteilen; allerdings erfordert es von den Beteiligten einen hohen Arbeitsaufwand, genügend Bereitschaft zur Teamarbeit und Kritikfähigkeit, entsprechenden Zeitaufwand und ein angemessenes Budget im Gemeindehaushalt (für musikalische Beiträge, für anfängliche Werbung, für Materialien, neue Liederbücher etc.).
Sabine Dressler
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