'Mit der Tradition des Wegschauens brechen'

EKBO: Forschungsauftrag zur NS-Vergangenheit der Petri-Kirche


Propaganda der 'Deutschen Christen' in Berlin: Walter Hoff arbeitete u.a. für jene Strömung als Konsistorialrat © Wikimedia/Deutsches Bundesarchiv

Historiker Manfred Gailus untersucht im Auftrag der Stiftung House of One und der EKBO das Wirken des antisemitischen Geistlichen Walter Hoff.

Wo das von Juden, Christen und Muslimen gemeinsam geplante House of One auf dem Petriplatz in Berlin entsteht, hat zu NS-Zeiten ein glühender Antisemit, Pfarrer Walter Hoff, von der Kanzel der Petri-Kirche gepredigt. Das evangelische Gotteshaus, auf dessen Fundamenten das mehrreligiöse House of One erwächst, wurde im Zweiten Weltkrieg beschädigt und in den 1960er Jahren abgerissen. „Wir wollen mit der langjährigen Tradition des Wegschauens brechen“, sagt Rabbiner Andreas Nachama vom House of One, der auch Vorsitzender der Allgemeinen Rabbinerkonferenz in Deutschland ist. „Und es mahnt uns, auch heute jeder Form von Antisemitismus und anderem menschenverachtendem Hass entschieden entgegenzutreten.“

Marion Gardei, Pfarrerin und Beauftragte für Erinnerungskultur in der Evangelischen Kirche-Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), betont die Verantwortung der Kirche: „Für unsere Glaubwürdigkeit als Kirche ist es wichtig, dass wir uns auch dem Versagen und der Schuld ihrer Amtsträger in der Nazi-Zeit stellen. Der Fall Hoff ist ein Beispiel dafür, wie sich theologischer Antijudaismus zu Hass und Mord steigern kann, aber auch dafür, wie dies von der Kirche in den Nachkriegsjahren verdrängt und verdeckt wurde.“

Die Stiftung House of One hat nun gemeinsam mit der EKBO den Historiker Manfred Gailus, der sich als Erster mit dem Fall Hoff wissenschaftlich beschäftigt hat, beauftragt, eine Dokumentation zu erstellen. Dem Geistlichen hatte Gailus bereits in seinem 2001 erschienenen Buch „Protestantismus und Nationalsozialismus“ ein Kapitel gewidmet. Der Neuzeithistoriker lehrte zuletzt am Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität in Berlin.

Walter Hoff war 1930 nach Berlin gekommen, zunächst an die Luisen-Gemeinde in Charlottenburg. Hoff trat in die NSDAP ein, engagierte sich in der Glaubensbewegung „Deutsche Christen“ für die Gleichschaltung der evangelischen Kirche, war SA-Standartenpfarrer und scheute sich nicht, in Straßenkämpfen gegen Andersgesinnte mitzumischen. Als fanatischer Pfarrer der „Deutschen Christen“ war Hoff 1934 zum Konsistorialrat im Konsistorium der Mark Brandenburg berufen worden. Diese Position erlaubte ihm, Glaubensgenossen beim Besetzen von Pfarrstellen zu bevorzugen und Kritiker in den eigenen Reihen energisch zu verfolgen.


Quelle: EKBO