Søren Kierkegaard, den dänischen Philosophen, Theologen und Dichter, den Vordenker des Existentialismus, entdeckte Barth selbst 1919, in der "Wende" zwischen der ersten und zweiten Auflage seines Römerbriefes. Er schätze den "dialektischen Mut Kierkegaards" als große religiöse Möglichkeit (Römerbrief, 255). Barths zweiter Römerbrief von 1922 ist durchzogen vom Kierkegaardschem Denken wie etwa dem "Paradox" und dem "unendlichen qualitativen Unterschied zwischen Gott und Mensch".
Als "Paradox" à la Kierkegaard bezeichnet Barth Jesus als den Christus, als Messias, der das Ende der Zeit ist (Römerbrief, 6). In Jesus beginne, so Barth, "die Mitteilung Gottes mit einem Zurückstoßen, mit dem Aufreißen eines klaffenden Abgrundes, mit der bewussten Darbietung des kräftigsten Ärgernisses", wie Kierkegaard geschrieben habe: 'Nimm die Möglichkeit des Ärgernisses weg, wie man in der Christenheit getan hat, so ist das ganze Christentum direkte Mitteilung, und dann ist das ganze Christentum abgeschafft. Es ist ein leichtes, oberflächliches Etwas geworden, das weder tief genug verwundet noch heilt, die unwahre Erfindung des bloß menschlichen Mitleids, die den unendlichen qualitativen Unterschied zwischen Gott und Mensch vergisst' (vgl. Römerbrief, 80).
Später distanzierte Barth sich von Kierkegaards Sicht, die Subjektivität für die Wahrheit zu halten und rückte Jesus Christus "in die Mitte" seines Denken. Als der Schweizer Theologe im Jahr 1963 den Sonning-Preis in Kopenhagen erhielt, schätzte er sich mit dem ihm eigenen Humor glücklich, dass Kierkegaard nicht mehr lebe und ihm vorhalten könne, "dass man die wirkenden Propheten mit Steinen und nicht mit solchen Preisen zu bedenken pflegte".
Søren Kierkegaard wurde vor 200 Jahren, am 5. Mai 1813 geboren.
Bis zu seinem Geburtstag erinnert jeden Tag ein Kierkegaard-Zitat auf reformiert-info an den "Lehrer".
Søren Kierkegaard, in: Christliche Reden, 1848
Barth-Zitate aus:
Karl Barth, Der Römerbrief 1922, Zürich 1989.
Eberhard Busch, Karl Barths Lebenslauf, München 1986 (1. Aufl. 1975), 128f.187.