Was ist reformiert für mich?
Auf eine so gewichtige Frage kann ich nur mit etwas antworten, was langsam gelesen werden will:
In der niemals ganz abzustellenden Angefochtenheit meines Glaubens suche ich in der unserer Lebenszeit eine Perspektive gebenden Ewigkeit des Bundes Gottes, der in Israel seinen Anfang genommen hat und in Christus die ganze Menschheit einbezogen hat, nach immer neuer Ermutigung, dem Handeln und Wollen Gottes heute nachzugehen. Ich verstehe mich darin als reformiert, dass es mir nicht um meine eigene Frömmigkeit geht, sondern angesichts der verbreiteten unverschämten Selbstvergottung des aller Demut entfremdeten Menschen um die immer wieder neu und durchaus nüchtern zu suchende Ehre Gottes. Um mich nicht mit einer religiösen Nebenwelt zufriedenzugeben, ist es mir wichtig, in allen Glaubensfragen auch ehrlich mir selbst gegenüber zu bleiben. Diese immer wieder nach neuer Vergewisserung fragende Skepsis dem eigenen religiösen Gebaren gegenüber ist nach meiner Wahrnehmung ein besonderes Kennzeichen der reformierten Tradition.
Michael Weinrich