Wendezeit

Mittwochskolumne von Paul Oppenheim


© Center for Ecoliteracy / Wikimedia

Angesichts düsterer Klimaprognosen täte es uns gut, mit mehr Zuversicht auf die Zukunft zuzugehen. Es ist wohltuend, sich an die frühen 1980er zu erinnern, als die New Age Bewegung entstand, die den Glauben an ein neues und besseres Zeitalter verbreitete. Einer ihrer wichtigsten Propheten Fritjof Capra ist in diesem Jahr 80 Jahre alt geworden.

Der 1939 in Wien geborene Physiker und Philosoph lehrte ab 1968 in Kalifornien und wurde dort zu einem Vordenker der sogenannten New Age Bewegung. 1975 wurde er mit dem Buch „Das Tao der Physik“ bekannt, in dem er auf die Parallelen zwischen moderner Physik und asiatischer Mystik aufmerksam machte. Mit seinem zweiten Bestseller „Wendezeit“ (The Turning Point) wurde er 1982 zum Vordenker des „Sonnenzeitalters“.
Von Klimawandel und Treibhausgasen sprach damals noch niemand, doch stand für Capra fest, dass die Menschheit mit der Verbrennung fossiler Brennstoffe und mit der Kernenergie so schnell wie möglich aufhören muss. Diese Forderung ergibt sich bei ihm zwingend aus einem „Systembild des Lebens“. Mit seinem Weltbild der „tiefen Ökologie“ knüpft er an die spirituelle Tradition des Taoismus an, stellt aber auch Verbindungen zur „feministischen Spiritualität“ her.

Für ihn gibt es als Naturwissenschaftler keine sinnvolle Alternative zur Sonnenenergie als wichtigster Energiequelle der Zukunft, wobei er alle erneuerbaren Energiequellen im weiteren Sinne der Sonnenenergie zurechnet. In seiner Zukunftsvision werden die Großkonzerne zerschlagen und die mächtigen Energiekonzerne durch eine dezentrale Energieversorgung ersetzt. Es ist spannend, heutzutage sein damaliges Plädoyer für „die Ausdehnung der ökologischen Sicht auf die planetare Ebene“ zu lesen und festzustellen, wie viel in dieser Hinsicht schon geschehen ist.
Von der Überzeugung getragen, dass sich die Menschheit inmitten einer kulturellen Umwandlung befindet, verbreitet Capra Zuversicht. Er glaubt daran, dass die Transformation schon im vollen Gange ist.

Diejenigen, die sich an Fritjof Capra erinnern, sind nicht mehr ganz jung. Sie gehören zu jener Generation, der von ihren Kindern und Enkeln vorgeworfen wird, für die Rettung der Erde nicht genug getan zu haben. Die erneute Lektüre der „Wendezeit“ macht aber deutlich, wie sehr die letzten 40 Jahre eine „Neue Zeit“ gewesen sind und wie viel an ökologischem Umdenken bereits erfolgt ist. Manches hat sogar die Vorstellungen Capras übertroffen, weil er gewisse Entwicklungen nicht vorhersehen konnte. Hierzu gehört die Umstrukturierung des Informationswesens durch das Internet aber auch der Fortschritt bei der Verwendung von Wasserstoff als Kraftstoff. Zwar konnte sich der Künder einer neuen Zeit ganz im Zeichen der Sonnenenergie manches noch gar nicht vorstellen, aber seine Vision einer Menschheit, die aufhört ihre Existenzgrundlagen selbst zu zerstören und die sich darum bemüht, ein weltweites ökologisches Gleichgewicht herzustellen, hat an Aktualität nichts eingebüßt.

Für uns Christen und ganz besonders in dieser Adventszeit gilt ohnehin: „Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“ (2. Korinther 5,17).


Paul Oppenheim