Simchat Tora: Freude an der Tora

Am Rockzipfel des Judentums: Freude an der Tora und lebenslanges Auslegen der Schrift

Am Ende des Laubhüttenfestes steht in der Synagoge das Torafreudenfest, Simchat Tora. Die jährliche Vorlesung der Tora wird an diesem Tag mit dem letzten Abschnitt aus dem Buch Deuteronomium beendet. Die Torarollen werden in einer Prozession durch die Synagoge getragen. Dazu wird getanzt und gesungen.

Das "Torafreudenfest" zeigt auf seine Weise, wie grundlegend für jüdisches (religiöses) Leben das Lesen, Lernen und Studieren der Tora ist. "Studiere die Tora immer und immer wieder, denn alles, was du wissen musst, ist in ihr erhalten" (Sprüche der Väter (Pirke Avot) 5,22). Dieses "lebenslange Lernen" deutet Rabbiner Lawrence Kushner als eine "unendliche Suche": "Ganz gleich wie oft wir die Tora schon gelesen haben mögen oder wie viele Male wir sicher waren, sie zu verstehen, immer wieder wird sich eine neue Deutung auftun und unseren Verstand herausfordern." Selbst Mose habe nicht jede Einzelheit der Tora verstanden, erzählt der Talmud:
"In der Stunde, da Mose zur Höhe hinaufstieg, fand er den Heiligen, gelobt sei er, wie er saß und die Buchstaben (der Tora) mit Krönchen umwand.
Da sprach er vor ihm: Herr der Welt, wer hält deine Hand zurück?
Er sprach zu ihm: Nach einer Reihe von Geschlechtern wird es jemand geben - Akiva ben Josef sein Name -, der wird aus jedem einzelnen Häkchen haufenweise Halachot [Auslegung der Tora als Lebensweg] erforschen.
Er sprach vor ihm: Herr der Welt, zeige ihn mir!
Er sprach zu ihm: Wende dich um!
Er ging und setzte sich ans Ende der acht Reihen (Im Lehrhaus Akivas), doch er verstand nicht, was sie sagten.
Da schwand seine Kraft.
Als er (Akiva) zu einer bestimmten Sache kam, sprachen seine Schüler zu ihm: Rabbi, woher hast du das?
er sprach zu ihnen: eine Halacha von Mose am Sinai.
Da beruhigt sich sein (Moses) Sinn."

(Babylonischer Talmud, Traktat Menachot 29b)

Literatur

Kushner, Lawrence, Das Buch der Wunder. Jüdische Spiritualität für junge Leute, Jüdische Verlagsanstalt Berlin 2003 (Original 1997), Zitat S. 33.

Das Zitat aus dem Talmud ist formuliert nach der Übersetzung von Goldschmidt, hier zitiert nach: Pierre Lenhardt, Peter von der Osten-Sacken, Rabbi Akiva. Texte und Interpretationen zum rabbinischen Judentum und Neuen Testament, ANTZ 1, Berlin 1987, 319.

Dieser Beitrag ist Teil der Serie "Am Rockzipfel des Judentums - Freitags ein Denkanstoß aus dem Hause Israel"

in Anlehnung an Sacharja 8,23, wo der HERR der Heerscharen spricht:
"In jenen Tagen, da ergreifen, ja ergreifen zehn Menschen aus allen Sprachen der Nationen den Zipfel einer einzigen jüdischen Person und sagen: 'Wir wollen mit euch gehen; denn wir haben gehört: Mit euch ist Gott.'" (BigS)

 


Barbara Schenck, 27. September 2013
Freitags ein Denkanstoß aus dem Hause Israel