Nach Ostern: Den Tod überleben - wie Edward und Bella?

Die Suche geht weiter zwischen Blattlaus, Computerhirn und Katechismus. Eine nachösterliche Mittwochs-Kolumne von Barbara Schenck

Schuld an dieser Kolumne ist die Blattlaus. Ihr Sieg hat mich geradezu gezwungen Ostereier zu suchen. Ich bin ihr dankbar. Das Glück des Suchens ist nicht jedem gegönnt. Der Reihe nach: Am Gründonnerstag erscheint chrismon online mit der Schlagzeile: „Eins zu Null für die Blattlaus“.

Karfreitagsmotto des evangelischen Magazins? Ein kurzer Blick auf meine im Arbeitszimmer verlausten Balkonkräuter sagt mir: Hier ist keine Auferstehung in Sicht. Jetzt hat mich die Suchsucht gepackt. Ein Auferstehungs-Osterei will ich entdecken und zwar in säkularen Medien.

Computerhirn und Vampir

Versteckt unter den Schlagzeilen „Gott ist ein Computer“ und „Die Unsterblichen“ schimmern die Visionen von Ray Kurzweil in der Zeit. Der „Prophet“ in der Technikszene arbeit daran, das menschliche Gehirn in einem Supercomputer abzubilden. In ein Kunstgehirn ließen sich all unsere Gedanken und Gefühle in Ewigkeit speichern. Ist das Gehirn erst im Computer konserviert, muss nur noch der Rest des Körpers vor dem Verfall bewahrt werden. Mit Nanobots, also winzigen Robotern, die in unserem Körper unterwegs sind, um defekte oder alte Zellen auszutauschen, will Kurzweil das Altern abschaffen. Unsterblich zu sein dank Informatik und Technologie, das ist seine Vision. For ever young wie Edward und Bella in Twilight assoziiere ich. Die Vampir-Saga zu schauen ist kein Vergnügen, zugegeben, aber vielleicht sollten sich nicht nur Teenies die Message zu Herzen nehmen: Unsterblich zu sein, das erzählen die Vampire, ist keine Freude. Rechtzeitig zu Ostern ist Teil 2 vom „Biss zum Ende der Nacht“ auf DVD erschienen. Bella ist jetzt auch in einen Vampir verwandelt. Sie genießt ihre Transformation. Aber, so meine neunjährige Tochter: „Als Vampir ist Bella nicht mehr so sympathisch wie vorher.“

Agape macht unsterblich

Die österliche Suche geht weiter, auch am 2. April. In diesem Jahr bin ich besser dran als meine Tochter. Sie kann jetzt zwar noch an ihren Schokoeiern knabbern und zum fünften Mal ihre Oster-Vampir-DVD anschauen, aber das Glück des Suchens ist vorbei. Ich mach' mich auf zum Kiosk. „Können wir den Tod überleben?“ titelt die Hohe Luft, eine Philosophie-Zeitschrift. Dass zeitgenössische Philosophie sich diese Frage überhaupt stellt, ist mir neu. „Das Verbindende zwischen Philosophie und Glauben“, erläutert Metaphysik-Professor Godehard Brüntrup, sei „die Offenheit für Dinge, die das menschliche Maß überschreiten“.
Eine realistische Chance, den eigenen Tod zu überwinden, sieht der US-Amerikaner Mark Johnston im Streben nach dem Guten. „Surviving Death“ sei möglich, wenn Menschen sich nicht über ein eigenes Selbst definieren. Von diesem Selbst wüssten wir bekanntlich sowieso nicht, ob es in zehn Jahren noch dasselbe sei wie heute. Orientierten wir uns jedoch am Wohl anderer, werde es möglich, den eigenen Tod zu überleben: „Das Ideal der Agape lässt uns weiterleben im Vorwärtsdrang der Menschheit und nicht (oder nicht speziell) in den übernatürlichen Räumen des Himmels“, so Johnston. Christliche Agape macht also unsterblich, während der Tod dort vernichtend wirkt, wo es keinen Weg gibt jenseits des Egozentrismus. Der Apostel Paulus lässt grüßen: „der Sünde Sold ist der Tod“. Auf eine kurze Formel gebracht: „Auch ohne unsterbliche Seele und unsterblichen Körper lebt ein Mensch weiter in seinen Werten und den Interessen, die er mit anderen Menschen teilt.“ Theologisch betrachtet drängt sich ein konkreteres Motto auf: Es lebe der 10-Gebote-Werte-Katechismus und wir in ihm - „for ever“.
Muss ich mir als Theologin diese Gedankenakrobatik überhaupt antun? Mag sein, dass es nicht not tut, aber Spaß macht die Suche allemal.

Quellen:
chrismon April 2013
Hohe Luft März 2013 (
www.hoheluft-magazin.de)
Die Zeit  am 27. März 2013 (
http://www.zeit.de/2013/14/index)

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Barbara Schenck, 3. April 2013