Schritt für Schritt

Mittwochskolumne von Paul Oppenheim

Abraham Bloemaert: Kain tötet Abel (Ausschnitt) © Nationalmuseum Warschau/ Wikipedia

Schon in der Antike gelang nur selten der olympische Waffenstillstand und doch beflügeln Olympische Spiele immer wieder den Traum von einer friedlicheren Welt. Die Spiele von Paris, die so unerwartet friedlich verliefen, nähren die Hoffnung, dass Völkerverständigung und Wettstreit ohne Blutvergießen erreichbare Ziele sind.

Das Töten von Mitmenschen stand wohl schon immer unter Strafe und doch konnten Menschen von Anfang an nicht davon lassen, sich gegenseitig umzubringen, wie uns die Erzählung von Kain und Abel bezeugt. Es galt wohl schon vor Moses das Gebot „Du sollst nicht morden“ und nur ausnahmsweise war Blutvergießen zulässig, manchmal sogar geboten. Bei religiösen Ritualen wurden nicht nur Tiere, sondern auch Menschen geopfert. Das nahm irgendwann auf der ganzen Welt ein Ende, ein erster großer Schritt.

Menschen behandelten andere Menschengruppen, als wären sie keine Menschen, machten sie zu Sklaven, deren Leben weniger wert war als ihr eigenes. Allmählich wurde der Sklavenhandel beinahe überall abgeschafft. Ein zweiter großer Schritt, auch wenn mancherorts noch immer Menschenhandel und Ausbeutung geduldet werden.

Über hundert Staaten und die Hälfte der US-amerikanischen Bundessstaaten haben die Todesstrafe gesetzlich abgeschafft. Dieser dritte große Schritt vollzieht sich langsam, aber wir dürfen hoffen, dass die Barbarei der Hinrichtung von Menschen eines Tages in allen Ländern aufhören wird.

Ein Überbleibsel aus den finsteren Urzeiten der Menschheitsgeschichte ist, dass Menschen in den Kampf geschickt werden, um andere Menschen zu töten und selbst getötet zu werden. Außer Costa Rica und Panama verzichten nur knapp zwanzig Kleinststaaten auf eine eigene Armee. Japan hat den Gedanken, der in seiner Verfassung steht, wieder aufgegeben und bei uns reden Politiker davon, dass wir wieder „kriegstüchtig“ sein müssten.

Der vierte große Schritt, der das Militär genauso obsolet machen wird wie Menschenopfer, Sklaverei oder Todesstrafe, steht also noch bevor. Schritt für Schritt könnte die olympische Idee, Wirklichkeit werden, die uns auch die Bibel in Aussicht stellt: „Keine Nation wird gegen eine andere das Schwert erheben, und das Kriegshandwerk werden sie nicht mehr lernen.“ (Jes.2,4)


Paul Oppenheim