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Vielfalt und Einheit des Protestantismus
Karl Barths Stellung zur Konfessionalität
Einer Anekdote zufolge soll einmal ein lutherischer Theologiestudent aus Bayern auf seine Auskunft hin, dass Barth – wie doch schließlich jeder ordentliche Theologe – ein Lutheraner gewesen sei, mit großem Erstaunen die Korrektur seines Professors vernommen haben. Ohne Schwierigkeiten lässt sich natürlich belegen, dass Barth einem reformierten Elternhaus – sein Vater war Professor für Kirchengeschichte – entstammt und in dieser konfessionellen Tradition aufgewachsen ist. Inwieweit sich Barth tatsächlich als ausgesprochen reformierter Theologe verstanden hat, bedarf indes einer genaueren Betrachtung.
1. Frühe Einblicke und Einsichten
Wirft man einen Blick auf Barths Beschäftigung mit der eigenen Konfession bzw. sein reformiertes Selbstverständnis vor Antritt seiner Göttinger Professur 1921, so lässt sich summarisch festhalten:
1) Quellenstudium: Im Verlauf seines Studiums, Vikariats und Pfarramts arbeitet sich Barth – unterbrochen und begleitet von anderen Studien – in wesentliche Dokumente der reformierten Theologie der Reformationszeit ein. Freilich vollzieht sich dieses Studium in unregelmäßigen Abständen, selektiv, in unterschiedlicher Intensität und unter Einbeziehung lutherischer Quellen. Während er Zwingli eher am Rande wahrnimmt und im Licht des Liberalismus bzw. religiösen Sozialismus deutet, findet eine intensivere und kontinuierlichere Beschäftigung mit Calvin statt. Diese lässt sich u.a. auch in den beiden Fassungen des Römerbriefkommentars ablesen.
2) Kirchen- und Theologiegeschichte: Nicht zuletzt bedingt durch seine Tätigkeit in der Schweiz vertieft sich Barth in die territoriale Reformationsgeschichte. Die altprotestantische Orthodoxie reformierter und lutherischer Provenienz hingegen scheint er zu jener Zeit kaum zur Kenntnis zu nehmen.
3) Reformiertes Erbe: Barths Beschäftigung mit den spezifisch reformierten Quellen steht in unlösbarem Zusammenhang mit den äußeren Umständen seines Studiums in Bern bei seinem Vater (1904–1906), seines Vikariats in Genf (1909–1911) und seines Pfarramts in der reformierten Gemeinde Safenwil (1911–1921). Insofern liegt es nahe, dass sich der Schweizer Theologe Barth zunächst mit seiner eigenen konfessionellen Tradition beschäftigt. Ferner lässt sich zumindest bis 1916 feststellen, dass Kombinationsversuche wie etwa zwischen Calvin und Wilhelm Herrmanns ‚moderner Theologie’ bzw. zwischen Zwingli und dem religiösen Sozialismus stattfinden.
2. Professor für reformierte Theologie
Die Göttinger Professur der Jahre 1921–1925 bedeutet für den vom Safenwiler Pfarramt ins akademische Lehramt überwechselnden Barth eine entscheidende Weichenstellung auf seinem Weg zur dogmatischen Theologie. Seine erste Professur stellt den akademischen Neuling Barth vor die Aufgabe, reformierte, aber auch lutherische Studenten „in das reformierte Bekenntnis, die reformierte Glaubenslehre und das reformierte Gemeindeleben“[1] einzuführen. In seinen Vorlesungen über Calvin (1922), Zwingli (1922/23) und die reformierten Bekenntnisschriften (1923) zeigt sich sodann seine schon früh ausgeprägte Fähigkeit, einen genauen Blick sowohl für geschichtliche Entwicklungen als auch für theologische Argumente zu entwickeln.
Die hermeneutische Voraussetzung, die Barths Vorlesungen und Vorträge zur reformierten Theologie aus jenen Jahren prägt, lässt sich so beschreiben: Auf dem Hintergrund der absoluten Gottesgeschichte hat die Theologie zu allen Zeiten die relative Geltung eines menschlichen Zeugnisses, das um der Wahrheit willen immer wieder neu der Kritik unterzogen werden muss. Wie sich anhand der Texte zeigen lässt, zieht sich kontinuierlich durch jene Vorlesungen folgende Beobachtung Barths: Das Spezifische der reformierten Lehre des 16. Jahrhunderts ist einerseits in der präzisen Unterscheidung von Gott und Mensch zu suchen. Und andererseits besteht es in der von Gott vollzogenen dialektischen Vermittlung der unsichtbaren göttlichen Lebenswahrheit und der sichtbaren menschlichen Lebensgestaltung.
In einer geometrischen Metapher spricht Barth darum in den Vorlesungen vom spezifisch reformierten Doppelaspekt zweier konzentrischer Kreise: Der engere Kreis als Metapher für das lutherische Interesse an der Rechtfertigung des Sünders durch den Glauben, und der weitere Kreis als Metapher für das hinzutretende reformierte Interesse an der Lebenswirklichkeit des Menschen und der Ethik. Mit dieser verwandt ist eine andere geometrische Metapher: Die Horizontale des menschlichen Lebens wird von der Vertikalen der Gottesgeschichte geschnitten. Beiden Metaphern ist die Grundüberzeugung gemeinsam, dass die in Gott selbst gründende Beziehung zwischen ihm und dem Menschen (Dogmatik) dem konkreten Lebensvollzug des Menschen (Ethik) ihr Maß und Ziel gibt. Das, was Barth mit dem Terminus „Problem der Ethik“[2] umschreibt, sieht er als die Besonderheit der reformierten Wendung der Reformation und als deren Zugewinn gegenüber dem Luthertum an.
In welcher Hinsicht versteht sich Barth selbst seit seiner Göttinger Zeit als ausgesprochen reformierter Theologe? Und welche Konsequenzen zieht er daraus für das Verhältnis zwischen reformiertem und lutherischem Protestantismus? Wenn auch seine Hinwendung zur reformierten Theologie nicht als ein unvermitteltes Ereignis zu verstehen ist, so vollzieht sich doch in Göttingen ein einschneidender Erkenntnisprozess. Er befindet sich auf dem Weg von einer weitgehend unbewussten hin zu einer bewusst erarbeiteten und angeeigneten reformierten Konfessionalität. In der Tat besitzt er zu Beginn seiner Göttinger Zeit noch nicht einmal eine reformierte Bekenntnisschrift.[3] Doch schon in § 1 der Zwingli-Vorlesung (1922/23) versteht er sich zumindest indirekt schon als konfessionsbewusster Reformierter. Und 1933 bekundet er ausdrücklich sein reformiertes Bekenntnis, wenn er schreibt: „?Es werden etliche Lust haben, meinen Rücktritt von ZZ (sc. Zeitschrift ‚Zwischen den Zeiten’) ... auf den Gegensatz meines reformierten zum lutherischen Bekenntnis zurückzuführen. Ich warne. Selbstverständlich bin ich reformiert. Aber der in der ‚Glaubensbewegung Deutsche Christen’ kulminierende Neuprotestantismus zerstört das lutherische ebensowohl wie das reformierte Bekenntnis.“[4]
Doch ungeachtet dieser Selbstaussagen und der Entscheidung, zur Grundlegung seiner Theologie gerade auf die reformierte Tradition zurückzugreifen, wehrt er sich entschieden gegen die Festlegung seiner Dogmatik-Vorlesung auf das reformierte Bekenntnis. Keinesfalls will er den konfessionsübergreifenden „?ökumenischen Charakter“[5] seiner Dogmatik preisgeben. Nach wochenlangen Streitigkeiten kann er in der Vorlesungsankündigung die Konfessionsbindung der Dogmatik und das Etikett ‚reformiert’ zugunsten des Kompromisstitels „Unterricht in der christlichen Religion“ verhindern. Entsprechend formuliert er im Leitsatz zu § 1 der Göttinger Dogmatik, dass Dogmatik die „wissenschaftliche Besinnung auf das Wort Gottes“ ist.[6] Und erst davon abgeleitet ist Dogmatik die Besinnung auf die konfessionelle Tradition, von der aus die Reflexion auf das Wort Gottes vorgenommen wird. In diesem Sinn stellt er später in der Kirchlichen Dogmatik (KD) zur Konfessionalität der Dogmatik fest, dass die Dogmatik weder als lutherische noch als reformierte, sondern als evangelisch-konfessionelle Dogmatik zu entfalten ist (KD I/2, 922).
Vom Zeitpunkt seiner Göttinger Professur an hat Barth die reformierte Theologie und in ihr besonders Calvin, die Bekenntnisse des 16. Jahrhunderts und Teile der Orthodoxie für seinen eigenen theologischen Neuansatz entdeckt. Doch das schließt ein, dass er, wie zahlreiche Exkurse in der KD belegen, die eigene reformierte Tradition keinesfalls von der Kritik ausnimmt. Die Aufnahme des alten konfessionellen Streits und die eigene Rekrutierung für die unter den deutschen Reformierten auflebende konfessionelle Selbstbehauptung erscheinen ihm alles andere als erstrebenswert. Vielmehr bemüht er sich zumindest in Ansätzen darum, einerseits auf eine nivellierende Vermittlung lutherischer und reformierter Positionen zu verzichten. Und andererseits lässt er wesentliche theologische Erkenntnisse aus beiden konfessionellen Traditionen gleichermaßen als sachgemäße gegenseitige Problemanzeigen gelten.[7]
In diesem Sinn äußert er sich auch 1947 in einer Diskussion und verwahrt sich gegen die eigene Festlegung auf den Calvinismus: „?Ich bin auch nicht Calvinist. Das ist nicht gut, sich so festzulegen.“[8] Stattdessen fordert er dazu auf, der Maxime von 1. Thess 5,21 zu folgen: Die den Lutheranern und den Reformierten gemeinsame reformatorische Tradition muss am Maßstab der Schrift geprüft und das Beste aus beiden Traditionen behalten werden. Ferner soll man sich als Schüler der reformatorischen Bekenntnisse von diesen zum rechten Schriftverständnis anleiten lassen und in jedem Fall auf den unversöhnlichen konfessionellen Streit als Selbstzweck verzichten.
Doch fragen wir nun weiter, worin negativ Barths Reserve gegenüber der von außen an ihn herangetragenen konfessionellen Festlegung seiner Theologie sowie positiv sein Insistieren auf der gemeinreformatorischen Ausrichtung seiner Dogmatik begründet ist. Wie sich seinen Göttinger Arbeiten entnehmen lässt, lehnt er die einseitige Festlegung seiner Theologie auf die reformierte Konfessionalität aus folgendem geschichtstheologischen Grund ab: Von der Gottesgeschichte (Ewigkeit) ist die Welt- und Theologiegeschichte (Zeit) streng zu unterscheiden. Und letztgenannte differenziert sich nun mit ihren Versuchen, innerhalb der Grenzen der menschlichen Sprache von Gott zu reden, in eine Mehrzahl von z.T. gegenläufigen Bewegungen aus.
Was für die gesamte Kirchen- und Theologiegeschichte zutrifft, gilt in besonderem Maße für das Zeitalter der Reformation. In ihr sind im Wesentlichen eine erste lutherische und eine zweite reformierte Wendung zu unterscheiden. Je auf ihre Weise sind sie berechtigte Möglichkeiten von Theologie, Kirchen- und Konfessionsbildung, sofern beide sich in ihrem Dasein und Agieren gemeinsam auf Gottes Zuwendung zum Menschen besinnen. Barths These von der grundlegenden Einheit der differenzierten Reformation und damit sein inklusives Verständnis der Reformation beruht auf der theologischen Einsicht, dass Gottes Wirklichkeit nicht in einem einzigen Wort zur Sprache zu bringen ist. Vielmehr ist sie nur dialektisch darstellbar in der Synthese des vornehmlich religiösen Interesses der lutherischen und des vornehmlich ethischen Interesses der reformierten Wendung der Reformation. Um zur Würdigung dieser zweiten reformierten Wendung der Reformation und ihrer Thematisierung der Ethik vordringen zu können, gibt Barth in einem Vortrag von 1923 sogar den Rat, wie Zwingli und Calvin „zunächst einmal recht gründlich lutherisch zu werden“[9]. Nebenbei sei angemerkt, dass Barth diesen Rat in seinen Vorlesungen und Vorträgen der Göttinger und besonders der Münsteraner Zeit durchaus selbst befolgt.
Welche Position soll Barths Sicht zufolge nun gegenüber den faktisch vorhandenen Differenzen zwischen der reformierten und der lutherischen Lehre eingenommen werden? In einer auf den ersten Blick unscheinbaren Passage der Bekenntnisschriften-Vorlesung – es handelt sich um die Darstellung der Akten des reformiert-lutherischen Leipziger Gesprächs von 1631 – gibt Barth dazu einige erhellende Hinweise. Diese werfen ein Licht auf die von ihm favorisierte Vermittlungsmethode gegenläufiger Lehrmeinungen. Er arbeitet in der Frage der Christologie folgende Differenz heraus: Die Lutheraner unternehmen den „undialektische(n) Vorstoß“, die menschliche Natur Jesu Christi mit Gottesprädikationen zu belegen. Dagegen vollziehen die Reformierten mit dem „Extra calvinisticum“ einen „?dialektische(n) Rückzug“. Denn sie leugnen die umfassende Teilhabe der menschlichen Natur Jesu Christi an den Gottesprädikationen und wollen gleichsam den Vorbehalt einer „Verhüllung in der Offenbarung“ und ihrer Kontingenz gewahrt wissen.[10]
Von Bedeutung ist nun die Haltung, die Barth gegenüber den konfessionellen Differenzen empfiehlt: Keinesfalls soll man im Stile des Konfessionalismus der einen oder der anderen Seite ungeprüft absolut recht geben. Andererseits darf man auch nicht im Stile der preußischen Unionstheologie des 19. Jahrhunderts vorschnell beiden Seiten zustimmen und die konfessionelle Differenz in der Frage der kontingenten Offenbarung nivellierend als überwunden erklären. Vielmehr plädiert Barth für die Notwendigkeit, die auf beiden Seiten vorhandenen Wahrheitsmomente zu sichten und einer kritischen Beurteilung zu unterziehen: „Es handelt sich wahrhaftig um schwere Probleme, die wir z.T. erst wieder sehen lernen müssen.“[11] Gegenüber einer voreilig erklärten Union, die dem Mangel an Erkenntnis der christologischen Differenzen entspringt, hält er schon 1923 die Fortsetzung des lutherisch-reformierten Gesprächs, wie es etwa in Leipzig 1631 geführt wurde, für den einzigen Weg zu einer legitimen Union in der Gegenwart.
Als theologische Sachlichkeit bezeichnet Barth darum den Versuch, die ungelösten Fragen des 16. und 17. Jahrhunderts erneut zur Sprache zu bringen. Das Ringen um die Wahrheit, die „geheimnisvoll einigend und trennend zwischen den beiden großen Typen protestantischen Christentums steht“[12], muss fortgesetzt werden. So geht schon aus der oben genannten Vorlesungspassage hervor, dass Barth dem Begriff der Union, der zu jener Zeit mit den vielfachen kirchlichen Unionsbestrebungen im 19. Jahrhundert identifiziert wurde, einen neuen und tieferen Sinn verleihen will. Eine Neuauflage einer solchen, die Konfessionen nivellierenden Kirchen-Union hält er nicht für erstrebenswert. Vielmehr versteht er unter einer wirklichen Union zwischen Reformierten und Lutheranern den Verzicht auf ein aus Mangel an theologischer Erkenntnis geborenes „?Kunstprodukt einer theologisch-kirchlichen Union“. In einer „Union der Sachlichkeit“[13] soll darum das Gespräch des 16. und 17. Jahrhunderts wieder aufgenommen werden. Keinesfalls die voreilige Auflösung der Konfessionen kann Barth zufolge das Ziel eines solchen Gesprächs sein, sondern die gegenseitige Prüfung der theologischen Argumente in den umstrittenen Fragen. In diesem Sinn ist Barths Äußerung von 1935 zu verstehen, dass eine „Union zwischen Lutheranern und Reformierten ... nicht grundsätzlich ausgeschlossen“[14] ist.
Mit der These von der grundsätzlichen Einheit der Reformation, der Forderung nach der erneuten Aufnahme reformiert-lutherischer Gespräche über die umstrittenen Lehrfragen und der Perspektive einer „Union der Sachlichkeit“[15] bereitet Barth indirekt schon in seiner Göttinger Zeit einen weitreichenden Erkenntnisprozess innerhalb des Protestantismus vor. Es handelt sich dabei um die Bewegung, die unter seiner Mitwirkung in den dreißiger Jahren zur Suche nach einer Bekenntnisunion und seit den fünfziger Jahren zum Erstellen einer Konkordie reformierter und lutherischer Kirchen führt. Bereits in Göttingen wendet er sich gegen jede Form eines starren reformierten oder lutherischen Konfessionalismus. Er steht sowohl der Lutherrenaissance Karl Holls als auch der restaurativen Calvin-Renaissance unter Teilen der Reformierten skeptisch gegenüber. Denn der Konfessionalismus, so Barth in einer Predigt über 2. Mose 20,4–6 von 1935, gleicht einem von Menschen geschaffenen Gottesbild, das es abzulehnen gelte.[16]
So bringt Barth 1921 einerseits in das an der Göttinger Fakultät seit ihrem Bestehen gepflegte Luthertum und andererseits in den reformierten Protestantismus von außen her einen frischen unkonfessionalistischen und unionistischen Impuls hinein. Und im Anschluss an seine Göttinger Zeit warnt er immer wieder davor, zwischen lutherischem und reformiertem Protestantismus bzw. Luthertum und Calvinismus falsche Alternativen zu errichten oder künstliche Gräben aufzureißen. Dass sein eigenes Interesse an einer konfessionellen Verständigung und ökumenischen Offenheit gerade ein genuiner Zug des Calvinismus ist, in dessen Tradition er sich darum bewusst stellt, geht aus der Aussprache über einen Vortrag 1925 hervor: Lutheraner und Calvinisten seien gemeinsam der ganzen christlichen Kirche – denn sie allein ist die eine, wahre Kirche – verpflichtet und nicht primär einer partikularen Konfession. Darum wolle er auch selbst „?kein bornierter Konfessionalist“ sein. Allerdings macht er auch darauf aufmerksam: „?Der Calvinismus hat von jeher einen größeren Zug ins Ökumenische gehabt als das Luthertum.“[17].
3. Eine wirkliche Union im Bekennen
Besonders eindrücklich zeigt sich zur Zeit des beginnenden Kirchenkampfes, dass Barth angesichts der aufkommenden nationalsozialistischen Häresie in Theologie und Kirche ein Denken in konfessionellen Schablonen unter allen Umständen zu vermeiden sucht. Angesichts der Hinwendung von Friedrich Gogarten zur Glaubensbewegung Deutsche Christen (DC) und im Vorfeld der Barmer Theologischen Erklärung erwägt Barth 1933 „?eine wirkliche Union zwischen Luthertum und Reformierten“ gegen die „gemeinsame(n) säkulare(n) Gegner des Evangeliums“[18]. Als Publikationsorgan einer solchen Union schlägt Barth keine konfessionelle, sondern eine konfessionsübergreifende evangelisch-kirchliche Zeitschrift vor.[19] Gerade über die brisante Problematik der natürlichen Theologie und ihrer politischen Implikationen scheint Barth eine gemeinsame Gesprächsebene zwischen Reformierten und Lutheranern und damit eine wahre Union möglich zu sein, die der falschen Union der DC entgegenzustellen sei.
Im Beitrag „Abschied von ‚Zwischen den Zeiten’“ erneuert Barth am 18.10.1933 sein Argument, dass sowohl das lutherische wie das reformierte Bekenntnis von der Theologie der DC tangiert sei. Er trifft die Feststellung: „Gute Lutheraner stehen heute nicht bei den Deutschen Christen, nicht bei den Vermittlern zwischen diesen und uns Anderen, sondern entschlossen bei uns Anderen! Und schlechte Reformierte genug stehen ganz oder halb bei den Deutschen Christen.“[20] Konsequent ruft er zu einer „Union zwischen den guten Lutheranern und den guten Reformierten“ auf, die sich „?in einem neuen Kampfbekenntnis“ mit überkonfessionellem Charakter Ausdruck verschaffen soll. Und er fügt hinzu: „Die ernsthaften Fronten laufen heute wirklich durch die Grenzen der beiden überkommenen Bekenntnisse quer hindurch.“[21]
Bereits im Vorfeld versucht das für die Entstehung der Barmer Theologischen Erklärung wegweisende Betheler Bekenntnis (1933), das Barth in der August-Fassung vorgelegt wird, der Herausforderung gerecht zu werden, als zeitgemäßes evangelisches Bekenntnis der Theologie der DC entgegenzutreten.[22] Barth gibt am 11.10.1933 eine kritische Stellungnahme ab, die zugleich ein Licht darauf wirft, welche Art von Bekenntnis er selbst sich wünscht. Er macht theologische Einwände zur Gesamtanlage des Bekenntnisses geltend. Und er übt vor allem Kritik an seinem Charakter als lutherisches Partikularbekenntnis, da es laut Vorrede „die Lehre der evangelisch-lutherischen Kirche“ darstellt. Barth fordert, das „aktuelle Problem der Union neu und besser, als vor 100 Jahren geschehen ist, aufzunehmen“, da „Lutheraner und Reformierte ... heute durch die vollkommene Erscheinung des häretischen Neuprotestantismus in Gestalt der ‚Deutschen Christen’ konkret und gemeinsam herausgefordert und zum Bekennen aufgefordert“ seien. Die Stunde sei gekommen, in der beide „?das gemeinsame Evangelische“ sagen und dabei „?das je Besondere hüben und drüben bewußt und bestimmt innerhalb dieses gemeinsamen Evangelischen“ nicht verschweigen dürfen. Da das Betheler Bekenntnis formell und inhaltlich zu eindeutig dem Luthertum verpflichtet sei, stehe der Versuch noch aus, „den Entwurf nun gemeinsam so durchzuarbeiten, daß er ... als evangelisches Bekenntnis vor die Öffentlichkeit treten könnte“. Vierzig Jahre vor Verabschiedung der Leuenberger Konkordie plädiert Barth also schon in dieser konkreten Bekenntnissituation (status confessionis) dafür, die alten Kontroversfragen über Christologie und Abendmahl zwar „als wichtige Schulfragen, aber nicht als trennende Glaubensfragen zu behandeln“.[23] Es gelte, so Barth an anderer Stelle, gegenwärtig nicht, Luther und Calvin gegeneinander auszuspielen. Denn heute müsse in der Kirche über das erste Gebot gestritten und eine wirkliche Union gegen die DC aufgerichtet werden.[24]
Die spätere November-Fassung des Betheler Bekenntnisses berücksichtigt in der Gliederung, aber auch in der Neuaufnahme der Themen Heiligung und Gehorsam einige der Anliegen Barths. Doch sein Vorschlag einer Lehr-Union zwischen Lutheranern und Reformierten wird abgelehnt. Begründet wird diese Ablehnung in der vermutlich von Georg Merz formulierten Vorbemerkung damit, dass sich die Verfasser des Bekenntnisses an einen „bestimmten Ort“ und ein „bestimmtes Erbe“ gebunden fühlen und darum keine Unionslehre vertreten können. In einer für die Druckfassung auf Anraten Bodelschwinghs gestrichenen Passage setzt sich Merz allerdings durchaus positiv mit Barths Vorschlag auseinander. Er hält die Stunde für ein gemeinsames lutherisch-reformiertes Bekennen sowie eine Überwindung der konfessionellen Spannung durchaus für gekommen. Und er gesteht auch zu, dass die Unterschiede der Reformatoren in der Gegenwart unwichtiger geworden sind.
Seine Forderung nach einem gemeinsamen überkonfessionellen Bekenntnis – nicht zu verwechseln mit einem Unionsbekenntnis, das eine Kirchenunion voraussetzen würde – bringt Barth bald darauf erneut zur Geltung. Am 3./4.1934 erläutert er auf der Freien reformierten Synode in Barmen die „Erklärung über das rechte Verständnis der reformatorischen Bekenntnisse in der DEK der Gegenwart“[25]. Weiter heißt es ausdrücklich in der Vorbemerkung zum Entwurf der Barmer Theologischen Erklärung (Frankfurter Konkordie vom 16.5.1934), dass Lutheraner, Reformierte und Unierte ungeachtet ihrer konfessionellen Herkunft in der Gegenwart gemeinsam reden und bekennen dürfen und müssen.[26] Als treibende Kraft leistet Barth damit die Vorarbeit zu einem neuen gemeinsamen Bekenntnis von Lutheranern und Reformierten, das schließlich auf der Barmer Bekenntnissynode am 31.5.1934 verabschiedet wird. Um den Lutheranern entgegenzukommen, wird als Überschrift der Titel ‚Theologische Erklärung’ gewählt.
Ausdrücklich formuliert Barth schon auf der Freien reformierten Synode (3./4.1.1934) das Thema überkonfessionell: „Erklärung über das rechte Verständnis der reformatorischen Bekenntnisse“. In der Erläuterung zu These I/2 erinnert er daran, dass die Reformatoren gemeinsam „Rom und Renaissancegeist“ entgegengetreten seien und die Evangelischen heute „dem alten Irrtum“ erneut gegenüberstünden. Und in These I/3 argumentiert er, dass angesichts dieses Irrtums ein überkonfessionelles Bekenntnis notwendig sei, und zwar „unbeschadet ihrer lutherischen, reformierten oder unierten Herkunft und Verantwortung“ der einzelnen Gemeinden. Den konfessionellen Belangen seien die Erfordernisse „des gemeinsamen evangelischen Bekennens und Handelns gegen den Irrtum und für die Wahrheit“ und somit das gemeinsame evangelische Bekenntnis überzuordnen. Weiter heißt es: „Können wir es uns leisten, im gegenwärtigen Augenblick noch gegeneinander zu stehen, Reformierte und Lutheraner? Wir haben es erlebt: es gibt mancherlei Reformierte und mancherlei Lutheraner; die wahre Scheidung geht quer hindurch.“[27] Und im Vorwort zur Erklärung schreibt er: „Lutheraner und Reformierte können und dürfen heute nicht gegeneinander, sondern sie können und müssen heute evangelisch-lutherisch und evangelisch-reformiert miteinander bekennen.“[28]
Für diese Überzeugung, die wesentliche Einheit des Protestantismus und sein „Einverständnis des Glaubens“[29] in den Vordergrund zu stellen und die alten Konfessionsunterschiede in Lehrfragen zurückzustellen, beruft Barth sich auf die Tradition der reformierten Kirche. Denn in ihr wird weithin die Zielvision von der einen christlichen evangelischen Kirche bzw. Kirche Jesu Christi zum Ausdruck gebracht. Während erst der spätere Calvinismus in einen Gegensatz zum Luthertum getreten ist, vertritt gerade Calvin die Ökumenizität des Christentums und steht darum natürlicherweise Pate bei der Abfassung der Barmer Theologischen Erklärung. Insofern bezeichnet Barth Calvin später auch als den „idealen Unionstheologen“[30].
Diese Überzeugung, angesichts der gemeinsamen Not gemeinsam reden zu müssen und auf jede konfessionelle Selbstbehauptung verzichten zu sollen, spiegelt sich sodann in der Einleitung zur Barmer Theologischen Erklärung vom 31.5.1934 wider: „Gemeinsam dürfen und müssen wir als Glieder lutherischer, reformierter und unierter Kirchen heute in der Sache reden. Gerade weil wir unseren verschiedenen Bekenntnissen treu sein und bleiben wollen, dürfen wir nicht schweigen, da wir glauben, daß uns in einer Zeit gemeinsamer Not und Anfechtung ein gemeinsames Wort in den Mund gelegt ist.“[31] Gewiss ist nach Barth in Glaubensfragen nun das gemeinsame Bekenntnis erforderlich. Doch er insistiert auch darauf, dass einerseits die theologische und kirchenpolitische Verständigung zwischen Lutheranern und Reformierten über die alten Lehrfragen noch aussteht. Und andererseits betont er, dass die konfessionellen Unterschiede nicht eliminiert werden müssen, sondern zu fruchtbaren Gegensätzen werden können.[32] Die 1933 aufgeworfene Frage nach einem gemeinsamen überkonfessionellen Bekenntnis spitzt Barth schließlich am 11.2.1935 im Vortrag „Die Möglichkeit einer Bekenntnis-Union“ noch weiter zu. Er weist darauf hin, dass Gottes Wille allein und nicht eine menschliche Entscheidung – wie in den problematischen Unionen des 19. Jahrhunderts geschehen – die Bildung einer wie auch immer gearteten Union erzwingen kann. Angesichts der Irrlehre der DC ist 1933 eben diese Situation entstanden: Lutheraner und Reformierte haben ungeachtet ihrer alten Bekenntnisunterschiede in einer gemeinsamen Not aus Gehorsam gegen Gottes Willen eine gemeinsame Erkenntnis in einer gemeinsamen theologischen Erklärung zur Sprache gebracht. Im Blick auf Barmen kann darum nach Barth durchaus von einer zumindest partiellen „echten und rechten Bekenntnis-Union“ die Rede sein. Ausdrücklich setzt er sich also zu jener Zeit für eine Bekenntnis-Union im Sinne einer von Gott gewirkten und also gefundenen Einheit ein, nicht jedoch für eine eigenmächtige Union im Sinne einer gesuchten Einheit.[33]
4. Auf dem Weg nach Leuenberg
Bereits 1923 mahnt Barth die Notwendigkeit eines Lehrgesprächs zwischen Reformierten und Lutheranern über das Abendmahl und das Problem der kontingenten Offenbarung an und formuliert: „In der Abendmahlsfrage liegen erste, ja entscheidende Probleme, mit denen wir keineswegs fertig sind, sondern über die ... die Aussprache auf beiden Seiten weitergehen muß. (...) Nicht um die Fortsetzung des Zanks geht es ..., aber um die Fortsetzung des Gesprächs, nicht um die Formeln, sondern um die Sache ...“[34] Auch im Anschluss an die im Kirchenkampf diskutierte Frage nach einer reformiert-lutherischen Bekenntnis-Union finden sich weitere Indizien für Barths Eintreten für eine konfessionsübergreifende Verständigung.
Ganz in diesem Sinne fordert er über zwanzig Jahre später 1947 „gemeinsame Bereinigungen“[35] zwischen Reformierten und Lutheranern: Es gelte, sich in die Diskussion des 16. Jahrhunderts hineinzuversetzen, um alte konfessionelle Fronten in ihrer geschichtlich begrenzten Bedeutung zu verstehen und als überholt zu erweisen. Und im gleichen Jahr stellt er seiner Vorlesung über den Heidelberger Katechismus den Hinweis voran, keineswegs „Öl ins Feuer des in Deutschland nun leider wieder auflebenden Konfessionalismus“ gießen zu wollen.[36] Ein Jahr später mahnt er im Rahmen der Weltkirchenkonferenz in Amsterdam unter Berufung auf Calvin erneut an, auf jeden reformierten Konfessionalismus zu verzichten. Stattdessen habe man die gemeinsame evangelische Reformation in der Zukunft im Sinne des Leitspruchs „ecclesia reformata est ecclesia semper reformanda“ zu suchen.[37]
Wenige Jahre später wird Barth 1955 in das beginnende interkonfessionelle Gespräch zwischen Reformierten und Lutheranern einbezogen, das schließlich 1973 in die Leuenberger Konkordie einmündet. Ferner wird er von der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen aufgefordert, für die geplante Tagung reformierter und lutherischer Theologen in Davos am 30.7.1955 eine Stellungnahme zur Vorbereitung der Konferenz abzugeben. Auf die Frage nach den Themen, „die heute am dringendsten des gemeinsamen Studiums und Verständnisses der Vertreter beider Konfessionen bedürfen“[38], antwortet er in bezeichnender Weise. Statt konkrete Themen für das Gespräch vorzuschlagen, reflektiert er grundsätzlich über das Gegenüber der Konfessionen und nennt drei Voraussetzungen für das Gespräch.[39]
1) Lutheraner und Reformierte haben sich als zwei gleichberechtigte Richtungen innerhalb der einen evangelischen Kirche zu verstehen.
2) Ein theologisches Gespräch mit dem Ziel einer Einigung über die bestehenden lutherisch-reformierten Gegensätze ist unausweichlich geboten. Zu diesem Zweck ist die Frage zu klären, ob über die Gegensätze im 16. Jahrhundert oder über die gegenwärtig kontroversen Fragen geredet werden soll.
3) Ein lutherisch-reformiertes Gespräch ist offen, gleichberechtigt und in Bindung an die Schrift, nicht jedoch unter Berufung auf die Confessio Augustana oder einen bestimmten Reformator, zu führen.
Zusammenfassend ist festzuhalten: Vor seiner Göttinger Zeit versteht sich Barth eher unbewusst als reformierter Theologe. Dabei ist das gewiss vorhandene latente Interesse an der eigenen Konfession und Kirche überlagert von der Auseinandersetzung mit dem Liberalismus und Neuprotestantismus, mit dem religiösen Sozialismus und mit der Aufgabe der Schriftauslegung. Erst in Göttingen wird er sich insbesondere durch seinen Lehrauftrag und die damit verbundene Anforderung, an der lutherisch geprägten Göttinger Fakultät reformierte Kirchengeschichte und Theologie zu lehren, zunehmend seiner eigenen Konfessionalität bewusst.
Wenn wir nun abschließend fragen, welche Hinweise sich Barths Göttinger Vorlesungen direkt oder indirekt für seine Beurteilung des Spannungsfeldes von Konfessionalismus und Konfessionalität entnehmen lassen, ist mit Michael Weinrich[40] festzustellen: Wie der archaistische, so führt erst recht der konfessionalistische Umgang mit der theologischen Tradition, den Bekenntnissen und der äußeren Daseinsform der Kirche in eine theologische und näherhin ekklesiologische Aporie. Denn ein solches Unternehmen unterläuft das auf Seiten der jeweils anderen Konfession gültig Gesagte, setzt eigenes Reden und Handeln absolut. Es überspielt die theologisch gebotene Erkenntnis, dass jedes Zur-Sprache-Bringen Gottes (Dogmatik und Bekenntnis) und Zur-Gestalt-Bringen von Gottes Willen (Ethik und Kirche) nicht mehr als vorläufige und somit prinzipiell verbesserungsfähige Handlungen von auf Gottes Wort antwortenden Menschen sind.
Gerade Barth erinnert nun unter Bezug auf die von ihm gewonnenen Erkenntnisse über die reformierte Theologie daran, Theologie und Bekenntnis als Glaubenszeugnis, nicht jedoch als Glaubensgegenstand gelten zu lassen. Die irdisch-geschichtlichen Größen Theologie und Bekenntnis sind keine metaphysischen Urteilsinstanzen, an denen sich über alle Zeiten hinweg Wahrheit und Irrlehre unterscheiden lassen. Auch darf die wahre Rede von Gott nicht im Stile eines konfessionalistischen Fundamentalismus exklusiv für die eigene Konfession reklamiert werden. Der Grund liegt auf der Hand: Jeder Konfessionalismus widerspricht schließlich der Erkenntnis, dass das Reden und Handeln der Kirche irdisch-geschichtlich, also zeitbedingt ist. Und jeder Konfessionalismus unterläuft die gemeinreformatorische Grundüberzeugung, dass die Kirche der steten Selbsterneuerung bedarf (ecclesia semper reformanda). Insofern ist dem aporetischen Projekt einer konfessionalistischen Selbstbehauptung das Projekt einer in Wahrheit konfessorischen Kirche entgegenzusetzen. Denn gerade dieses Projekt studiert Barth an den reformierten Reformatoren und Bekenntnissen und arbeitet es in seine Theologie explizit und implizit gleichsam als ihren cantus firmus ein. Eine konfessorische Kirche schätzt das Erbe der eigenen konfessionellen Tradition, ohne es zu überschätzen und ohne es zum Axiom wahren Redens von Gott zu erheben. Eine konfessorische Kirche weiß um des gegenwärtigen Redens und Handelns willen Theologie und Bekenntnis als Auslegung des biblischen Zeugnisses ernst zu nehmen. Eine konfessorische Kirche reflektiert primär im Hören auf das biblische Zeugnis und sekundär im Befragen des eigenen sog. theologischen Erbes den Grund und das Ziel ihres Redens und Handelns. Und eine konfessorische Kirche ist eine in Wahrheit ökumenische Kirche, indem sie auf ihrem Weg als wanderndes Gottesvolk die Welt mit dem Zeugnis ihrer Theologie und ihres Bekenntnisses konfrontiert.
Ist die reformierte Kirche der Gegenwart eine solche konfessorische Kirche? In der KD eröffnet Barth folgende Perspektive: „Die Existenz verschiedener theologischer Schulen und Richtungen innerhalb derselben Kirche involviert also ... die grundsätzliche Bereitschaft, über den je verschiedenen ‚Bekenntnisstand’ als solchen ... hinauszublicken, über das Hören des bisherigen Bekenntnisses nach dessen eigener Anweisung hinauszuhören auf die letztlich allein gesetzgebende Autorität der heiligen Schrift, von der her gesehen es bei keiner Lehrverschiedenheit in der Kirche sein ewiges Bewenden haben kann“ (KD I/2, 933f.). Es scheint kein Zweifel daran zu bestehen, dass in diesen Grundkoordinaten auch Perspektiven für das ökumenische Gespräch zwischen Protestantismus, Katholizismus und Orthodoxie liegen.
Erstveröffentlichung: Reformierte Kirchenzeitung 138 (1997), 26-33.
[1] Begleitschreiben zur Ernennungsurkunde (16.8.1921), in: K. Barth – R. Bultmann, Briefwechsel 1911–1966, hg. v. B. Jaspert, Zürich 2. Aufl. 1994, 209. Vgl. zum Folgenden M. Freudenberg, Karl Barth und die reformierte Theologie. Die Auseinandersetzung mit Calvin, Zwingli und den reformierten Bekenntnisschriften während seiner Göttinger Lehrtätigkeit, Neukirchen-Vluyn 1997.
[2] Die Theologie Calvins, hg. v. H. Scholl, Zürich 1993, 95 und öfter.
[3] Autobiographische Skizze [1927], in: K. Barth – R. Bultmann, Briefwechsel 1911–1966, a.a.O., 298.
[4] Abschied von „Zwischen den Zeiten“, ZZ 11 (1933), 319.
[5] Rundbrief (5.2.1924), in: K. Barth – E. Thurneysen, Briefwechsel, Bd. 2: 1921–1930, hg. v. E. Thurneysen, Zürich 2. Aufl. 1987, 221.
[6] „Unterricht in der christlichen Religion“. Bd. 1: Prolegomena 1924, hg. v. H. Reiffen, Zürich 1985, 3.
[7] Vgl. A.I.C. Heron, Karl Barths Neugestaltung der reformierten Theologie, EvTh 46 (1986), 394 unter Bezug auf Barths Analyse der lutherisch-reformierten Gegensätze in der Christologie (KD I/2, 174–187; II/1, 548–551).
[8] Brechen und Bauen, in: ders., Der Götze wackelt. Zeitkritische Aufsätze und Briefe von 1930–1960, hg. v. K. Kupisch, Berlin 21964, 115.
[9] Reformierte Lehre, ihr Wesen und ihre Aufgabe, in: Vorträge und kleinere Arbeiten 1922–1925, hg. v. H. Finze, Zürich 1990, 245.
[10] Die Theologie der reformierten Bekenntnisschriften, hg. v. der Karl-Barth-Forschungsstelle an der Universität Göttingen (Leitung: E. Busch), Zürich 1998, 314.
[11] Ebd.
[12] Reformierte Lehre, a.a.O., 245
[13] Die Theologie Calvins, a.a.O., 120. Vgl. das Votum: „Ich bin nie ein Freund der sogen. ‚Union’ des 19. Jahrhunderts gewesen und bin es auch heute nicht.“ (Vorwort zur Erklärung über das rechte Verständnis der reformatorischen Bekenntnisse in der DEK der Gegenwart, in: ders., Gottes Wille und unsere Wünsche, TEH 7, München 1934, 6).
[14] Credo (1935), Zürich 1948, 169.
[15] Theologie Calvins, a.a.O., 120.
[16] Vier Predigten, TEH 22, München 1935, 44; vgl. KD III/4, IX.
[17] Die dogmatische Prinzipienlehre bei Wilhelm Herrmann, in: Vorträge, a.a.O., 551.
[18] Protokoll der Sitzung von ZZ am 30.9.1933 in München.
[19] Tatsächlich tritt in die durch den Ausfall von ZZ entstandene Lücke zunächst die Schriftenreihe „Theologische Existenz heute“. Daneben wird im April 1934 die Zeitschrift „Evangelische Theologie“ als Nachfolgeorgan von ZZ begründet.
[20] ZZ 11 (1933), 542.
[21] Ebd.; vgl.: Die Möglichkeit einer Bekenntnis-Union, in: EvTh 2 (1935), 38f.
[22] Die August-Fassung des Betheler Bekenntnisses erarbeiten Bonhoeffer, Merz, Sasse, Stratenwerth und Vischer; Abdruck in: C.-R. Müller, Bekenntnis und Bekennen, München 1989, 82–117. Zur Sache vgl. M. Lichtenfeld, Lutherische Theologie im Bekennen, MEAKZG, Folge 15 (1995), 5–60.
[23] Grundsätzliche Vorbemerkung zum Betheler Bekenntnis (11.10.1933), in: J. Glenthoj (Hg.), Dokumente zur Bonhoeffer-Forschung 1928–1945, Die mündige Welt 5, München 1969, 106f.; vgl. Brief an Thurneysen (16.10.1933), Abdruck in: G. Ruhbach, Das Betheler Bekenntnis, in: W.-D. Hauschild u.a. (Hg.), Die lutherischen Kirchen und die Bekenntnissynode von Barmen, Göttingen 1984, 68.
[24] Vorwort zur Erklärung über das rechte Verständnis, a.a.O., 6f.
[25] Bekenntnis der Freien reformierten Synode Barmen vom 4.1.1934, in: Reformierte Bekenntnisschriften, hg. v. G. Plasger/M. Freudenberg, 230–238; vgl. Vorwort zur Erklärung über das rechte Verständnis, a.a.O., 3–8.
[26] Vgl. C. Nicolaisen, Der Weg nach Barmen, Neukirchen 1985, 169. Zurückhaltender formulieren Asmussen und Sasse im „Erlanger Entwurf“ (24.5.1934), dass Lutheraner und Reformierte in der Gegenwart zwar gemeinsam zu sprechen hätten, jedoch eine Union außer jeder Diskussion sei (ebd., 170).
[27] Bekenntnis der freien Kirchensynode, in: Freie reformierte Synode zu Barmen-Gemarke am 3./4.1.1934, hg. v. K. Immer, Barmen 1934, 23f.
[28] Vorwort zur Erklärung über das rechte Verständnis, a.a.O., 6.
[29] Ebd.
[30] Gespräch mit Tübinger Studenten (2.3.1964), in: Texte zur Barmer Theologischen Erklärung, hg. v. M. Rohkämper, Zürich 1984, 224. Ebd.: „Ich wollte ... da nicht calvinische Theologumena hineinbringen. Aber es war einfach faktisch so, daß Calvin im Himmel sich allerdings freuen konnte.“
[31] Ebd., 2.
[32] Vorwort zur Erklärung über das rechte Verständnis, a.a.O., 7.
[33] Möglichkeit einer Bekenntnis-Union, a.a.O., 41.
[34] Reformierte Lehre, a.a.O., 236f.
[35] Brechen und Bauen, a.a.O., 115f.
[36] Die christliche Lehre nach dem Heidelberger Katechismus, Zürich 1948, 16.
[37] Unsere reformierten Kirchen und der Weltrat der Kirchen, TEH NF 15, München 1949, 14; vgl. ebd., 12: „Calvinisches Denken gibt uns eine Spielregel theologischer Kunst, die uns befähigen muß, gerade auf theologischem Feld echte ökumenische Arbeit zu leisten.“
[38] Brief von J.R. Nelson an Barth (1.2.1955), in: Offene Briefe 1945–1968, hg. v. D. Koch, Zürich 1984, 361.
[39] Brief an H.H. Harms (13.6.1955), Offene Briefe, 362–365.
[40] Vgl. zum Folgenden M. Weinrich, Reformiert ja, Konfessionalismus nein!, RKZ 135 (1994), 196–202; Chr. Link, Zum Thema „Reformierte Identität“, RKZ 134 (1993), 344–350.
Matthias Freudenberg