Tagesgebet
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Wehre allem Vertuschen und Verbrämen des Grauens
Gebet zum Gedenken der KZ-Befreiungen
Barmherziger Gott,
ohne uns versammeln zu dürfen
zum Gedenken an die Befreiung der KZs
durch die Soldaten der Alliierten,
erinnern wir uns.
Wir erinnern uns an das Grauen, das dort geschah
und nun aller Welt sichtbar wurde.
Wir wollen die deutsche Schuld nicht leugnen,
nicht verharmlosen,
aber wir fragen auch:
wo warst du in jener dunklen Zeit?
Warum hast du dein Antlitz so vielen verborgen,
die dich suchten in einem leeren Himmel?
Warum hast du sie nicht gerettet
aus der gnadenlosen Mordmaschine,
bist den Mördern nicht in den Arm gefallen?
Gott, auch wenn wir keine Antworten finden,
klammern wir uns an dich.
Wir bitten dich für die Überlebenden und ihre Nachkommen,
für die der Schmerz nicht vorbei ist,
die immer noch eingeholt werden
von der Trauer um alles,
was sie verloren haben:
die Menschen, die ihnen wichtig waren,
die Orte, wo sie zuhause waren,
das Vertrauen in deine Güte.
Du allein kannst sie trösten,
wo aller menschliche Trost versagt.
Wir bitten dich für die,
die heute ihre Heimat verlieren durch Hass und Gewalt,
Sie werden so oft abgewiesen an unseren Grenzen,
alleingelassen in den Flüchtlingslagern,
und bei uns werden die,
die anders aussehen, glauben, leben,
so oft beleidigt und bedroht.
Du bist doch die Zuflucht aller Verfolgten!
Öffne unsere Augen und Herzen für sie.
Wir bitten dich für die,
die heute Unfreiheit erleiden,
die als Arbeitssklaven entwürdigt werden,
beraubt von der Perspektive eines besseren Lebens.
Du bist doch der Anwalt der Betrogenen!
Tu unseren Mund auf für die Stummen
und für die Sache derer, die verlassen sind.
Gott, wir danken dir für die,
die die Erinnerung an unsere Schuldgeschichte wachhalten,
damit wir aus ihr lernen,
auch vom Mut und der Menschlichkeit derer,
die sich nicht haben brechen lassen.
Segne die Arbeit der Gedenkstätten,
und lass sie heilsam wirken in unserer Gesellschaft.
Gott,
mehr als wir erinnern können,
hältst du im Gedächtnis.
Kein Unrecht ist bei dir vergessen,
kein Leiden bleibt verborgen vor dir.
Die vielen Opfer von Gewalt,
deren Namen wir nicht kennen,
haben einen Namen bei dir,
sind deine geliebten Söhne und Töchter.
Du wirst ihnen Recht verschaffen.
Wir bitten dich:
Wehre allem Vertuschen und Verbrämen des Grauens,
das von Deutschen angerichtet wurde.
Mach uns sensibel für die Gefahren unserer Zeit,
damit, was geschehen ist,
nie wieder geschieht. Amen
Sylvia Bukowski