So ähnlich wie bei der Wehrpflicht

Mittwochskolumne von Paul Oppenheim


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Die neuentfachte Diskussion über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht ist noch keine Woche alt, aber schon länger drängt sich der Vergleich mit der Kirchensteuer auf.

Vor zehn Jahren ging nur noch ein Drittel der jungen Männer eines jeden Jahrgangs zur Bundeswehr. Wegen der fehlenden Wehrgerechtigkeit musste die allgemeine Wehrpflicht „ausgesetzt“ werden. Wann wird es mit der Kirchensteuer so weit sein, dass auch sie „ausgesetzt“ wird?

Die Kirchensteuer stammt aus einer Zeit als nahezu die ganze Bevölkerung einer der zwei großen Konfessionen angehörte. Die Kirchensteuer wurde insofern als gerecht empfunden, als sie so gut wie alle traf. Nicht nur der Gottesdienstbetrieb sondern auch Kindergärten, diakonische Einrichtungen, Friedhöfe und der Erhalt historischer Gebäude wurden auf diese Weise mitfinanziert. Der Kirchenaustritt galt als unanständig. Wer darin ein Steuersparmodell sah, wurde im Familienkreis meistens geächtet, und von Seiten der Kirche galt, dass der Ausgetretene nicht kirchlich beerdigt wurde. In der DDR wurde der Kirchenaustritt staatlich forciert, so dass sich die östliche Hälfte Deutschlands bis heute weitgehend der Kirchensteuerzahlung entzieht. Im Westen ist das Steuersparmodell des Kirchenaustritts allmählich salonfähig geworden und vor allem in den Städten sind die Kirchensteuerzahler zur Minderheit geworden.

Wehrpflichtige, die zur Bundeswehr gingen, fühlten sich ungerecht behandelt, weil sie gegenüber Zivildienstleistenden und denen, die gar keinen Dienst leisten mussten, nur noch eine Minderheit waren, von der Ungleichbehandlung von Männern und Frauen ganz zu schweigen. Heute wird ein „Wahlpflichtdienst“ für junge Frauen und Männer ins Gespräch gebracht.

Auch Kirchensteuerzahler empfinden es zunehmend als ungerecht, allerlei soziale Aufgaben schultern zu müssen, während sich die Mehrheit der Bevölkerung davon befreit hat. Es ist an der Zeit, über eine Besteuerung nachzudenken, an der sich alle beteiligen. Für Kirchenmitglieder, für Juden und Muslime gäbe es eine Abgabe an ihre jeweilige Religionsgemeinschaft und für alle anderen eine sogenannte „Mandatssteuer“ für kulturelle oder soziale Zwecke. Bevor unsere gute alte Kirchensteuer in absehbarer Zeit „ausgesetzt“ wird, sollte man sich an Italien, Spanien oder Ungarn ein Vorbild nehmen, wo es schon seit Jahrzehnten eine derartige „Wahlpflichtsteuer“ gibt.


Paul Oppenheim