Klimawandel ist kein Weltuntergang

Mittwochskolumne von Paul Oppenheim


Angesichts der Erwärmung unsres Planeten wird die Forderung nach radikalen Maßnahmen zum Klimaschutz immer drängender. Auch wenn der weltweite Ausstieg aus Kohle, Öl und Gasverbrennung sinnvoll ist, sollte man nicht in Panik verfallen und den Klimawandel mit dem Weltuntergang gleichsetzen.

Am 1. Januar 1855 zerstört eine Sturmflut das Inseldorf auf der Insel Wangerooge. Die ersten Anfänge einer touristischen Infrastruktur fallen der Flut zum Opfer. Zweidrittel der Insulaner verlassen ihre Insel. Die Klimaflüchtlinge gründen auf dem Festland die Siedlung Neu-Wangerooge, andere ziehen bis nach Bremen und Oldenburg. Friesische Inseln verändern sich ständig. Der Wind treibt die Sanddünen vor sich her und die Nordsee nagt an den Küsten. Dagegen stemmt sich der Mensch mit Deichen, Dämmen und Deckwerken, als wollte er die Natur vor sich selbst schützen.

Klima und Landschaft unterliegen ständigem Wandel. Der Mensch ist daran nicht unbeteiligt, aber auch nicht an allem Schuld. Auch ohne menschliches Zutun ändert sich unser Planet. Seit Jahrmillionen wechseln wärmere und kältere Perioden einander ab. Der Klimawandel hat die Menschen von einem Ende der Erde zum anderen wandern lassen, auf der Flucht vor Kälte, vor Dürre, vor Überschwemmung.

Heute erkennen wir, dass die Erwärmung der Atmosphäre durch menschliche Aktivitäten beschleunigt wird. In deren Folge erleben manche Regionen dramatische Wetterveränderungen, die auch Pflanzen und Tiere betreffen. Bei vielen Menschen macht sich zunehmend Angst breit. Diese Angst wird vor allem bei jungen Menschen zum Gefühl, sie stünden unmittelbar vor dem Weltuntergang. Begriffe wie „Klimakollaps“, „Klimanotstand“, „Klimakatastrophe“ und immer radikalere Aktionen der Aktivisten von „Extinction Rebellion“ lassen ahnen, wie tiefgreifend diese Ängste sind.

Christen und Juden überliefern seit Jahrhunderten die Geschichte von einem Unwetter, das beinahe alles Leben auf der Welt ausgelöscht hätte. Sie bewahren in ihrer heiligen Schrift das Zeugnis von einem Bund, den Gott mit Noah und seinen Nachfahren gemacht hat. Da heißt es, dass zwar das „Trachten des Menschenherzens böse [ist] von Jugend an“, dass aber trotzdem für alle Zeiten Gottes Versprechen gilt: „ Solange die Erde währt, sollen nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ Daran sollten wir auch noch heutzutage denken, wenn sich zwischen Himmel und Erde ein Regenbogen spannt.

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Leserkommentare:

Heribert W. (18.10.2019): Tja, wer hat nun recht? Paul Oppenheimer oder der UN-Generalsekretär Guterres, der sich - demonstrierend gegen den Klimabedingten Anstieg des Meeresspiegels - für das Time Magazin im Business-Anzug am Strand der Pazifik-Insel Tuvalu ins Wasser des Pazifischen Ozeans stellte?
Hat die Bibel recht mit ihren Besitzstandswahrungsversprechen an die Menschheit oder der IPCC mit seinen Warnungen vor dem Verlust der Erde als Lebensgrundlage für die Menschheit?
Was hat es zu bedeuten, wenn vor einigen Wochen die Hauptversammlung des Reformierten Bundes geschlossen am "Klimastreit" der Fridays for Future-Bewegung teilnahm, jetzt aber der Alarmismus dieser Bewegung für falsch und unfromm erklärt wird?

Beleg (Guterres Tuvalu): https://time.com/5602482/antonio-guterres-climate-change-united-nations-summit/

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Kommentar Paul O.:

Vielen Dank für diese nachdenklichen Zeilen!

Zum Hintergrund meines Textes gehört die Frage, ob uns die Bibel inzwischen so unwichtig ist, dass wir die darin enthalten Verheißungen in den Wind schlagen? Soll das dann auch für die Verheißung an das Volk Israel  gelten und generell für alle Segensworte?

Das Vertrauen auf Gottes Verheißung hindert uns nicht daran, das Vernünftige, Sinnvolle, Richtige zu tun (z.B. auf fossile Brennstoffe zu verzichten). Es hält uns aber davon ab, aus Panik oder Verzweiflung übereilt und unvernünftig zu agieren, wie es jetzt zu häufig geschieht.

Im Zusammenhang mit der Friedensthematik hat der Reformierte Bund sehr schön hervorgehoben, dass Christus unserer Angst "eine Grenze gesteckt" hat (Siehe "Die Welt, Unsere Angst und der Gott des Friedens“ ein Zwischenruf des Reformierten Bundes in Deutschland, 2017). Nun gilt es, sich auch in Bezug auf die Klimathematik darauf zu besinnen, wie wir als Christen mit angstmachenden Phänomenen umzugehen haben.

"Fürchte dich nicht!" heißt es immer wieder in der Bibel. Angst, Panik und Hoffnungslosigkeit, die unweigerlich zu unbedachten und gefährlichen Verzweiflungstaten führen, sind  sicher nicht das, was aus dem Vertrauen auf unseren "Vater im Himmel" (Siehe Heidelberger Katechismus Frage 1) erwächst.

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Kommentar Georg Rieger:

Die biblischen Verheißungen können nicht einfach für eine vermeintlich geduldige Haltung reklamiert werden. In der Bibel ist auch von ziemlich aufgeregten und wenig beliebten Propheten zu lesen. Diese sind aber Teil der Geschichte des Gottesvolkes. Und hat Jesus nicht irgendwie mal was von Umkehr gesagt? Mir ist die Bibel sogar sehr wichtig. Unter anderem, weil sie mir zu denken gibt, und weil sie eben kein Beruhigungsmittel ist.