Jung: 'Armut darf nicht bagatellisiert werden'

Hessen-Nassau: Spitzentreffen evangelischer und katholischer Kirchen mit Gewerkschaften


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Kirchenpräsident Volker Jung forderte Verantwortung für Menschen in Armut zu übernehmen. Dazu gehörten auch Investitionen in Infrastruktur und Bildung.

Die Spitzenvertreterinnen und -vertreter der evangelischen und katholischen Kirchen sowie der DGB-Gewerkschaften in Hessen haben sich zu ihrem traditionellen Austausch in Frankfurt getroffen. Schwerpunkt des Gespräches war die Frage der Altersarmut. Ein Thema, dem von Kirchen und Gewerkschaften gleichermaßen eine hohe Bedeutung für den sozialen Zusammenhalt beigemessen wird. Nicht zuletzt wird das auch durch den Zusammenschluss der Sozial- und Wohlfahrtsverbände deutlich, die das ‚Bündnis für soziale Gerechtigkeit‘ gegründet haben, um eine Kampagne gegen die Altersarmut zu starten.

Volker Jung, Hessen-Nassaus Kirchenpräsident, sagt dazu: „Armut darf nicht bagatellisiert werden. Es ist nach wie vor eines der großen Probleme unserer Gesellschaft. Gerade eine Wohlstandsgesellschaft hat eine besondere Verantwortung für die Menschen, die aufgrund persönlicher oder struktureller Bedingungen Armut nicht überwinden können. Es geht auch darum, Reichtum zu nutzen, um soziale Qualität zu fördern. Dazu gehören vor allem weitere Investitionen in Infrastruktur und Bildung, um Chancen- und Teilhabegerechtigkeit zu fördern.“

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf sprach die Frage der Geschlechtergerechtigkeit an und wies auf die besondere Situation der Frauen hin: „Zum Erschrecken vieler heißt es immer öfter: arm, alt – weiblich! Die Alterssicherungseinkünfte von Frauen sind in Deutschland nicht halb so hoch wie die der Männer. Auch diese Situation müssen wir für die Gestaltung unseres Rentensystems in den Blick nehmen.“

Michael Rudolph, Vorsitzender des DGB-Bezirks ergänzt: „Eine wichtige Herausforderung stellt in den kommenden Jahren die Zukunft der Alterssicherung dar. In Hessen bezogen Rentnerinnen und Rentner 2017 durchschnittlich nur 847 Euro. Davon kann niemand im Alter würdevoll leben. Es wird ein neues Leistungsversprechen der Sozialversicherungssysteme benötigt. Die Stabilisierung des Rentenniveaus im vergangenen Jahr war ein guter Anstoß, um dem Thema Altersarmut zu begegnen. Nun müssen weitere Schritte folgen: Mit der geplanten Einführung einer Grundrente wird die Lebensleistung von Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gewürdigt, die über mehrere Jahrzehnte Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Ihre Anwartschaften liegen allerdings unterhalb der Grundsicherung.

Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit und des Respekts, dass niedrige Einkommen langjähriger Beitragszahlerinnen und Beitragszahler in der Rente höher bewertet werden. Die Grundrente ändert allerdings nichts daran, dass das wirksamste Mittel – gegen drohende Altersarmut und massenhaften sozialen Abstieg im Alter – gute Arbeit und faire Löhne sind. Außerdem muss das Rentenniveau insgesamt auf mindestens 50 Prozent angehoben werden.“


Quelle: EKHN