'Mit dieser Situation darf Griechenland jetzt nicht alleine gelassen werden'

Vertreter der Kirchen kritisieren zögerliche Haltung Deutschlands zur Aufnahme von Flüchtlingen


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Inzwischen erklärten sich mehrere EU-Staaten bereit, Flüchtlinge aus griechischen Lagern aufzunehmen. Neben Deutschland sind das Frankreich, Irland, Finnland, Portugal, Luxemburg und Kroatien. Von Kirchen gab es angesichts des bislang eher verhaltenen Auftretens deutliche Kritik.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, kritisierte die aktuelle Situation als: "Ergebnis der gravierenden Versäumnisse der Staaten Europas". Aufgabe wäre es gewesen, "in den letzten Jahren ein tragfähiges gemeinsames europäisches Asylsystem zu schaffen". Die Staaten an der europäischen Außengrenze hätten längst entlastet werden müssen, so Bedford-Strohm: "Ebenso kann Europa seine Hilfe nicht einigen wenigen Staaten außerhalb der EU überlassen und so seine Verantwortung auslagern."

"Mit dieser Situation darf Griechenland jetzt nicht alleine gelassen werden", betonte der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung nach dem Bekanntwerden der unhaltbaren Zustände. "Hier geht es um wehrlose Menschen, die keine Zukunft in der Türkei sehen. Nicht wenige laufen geradezu um ihr Leben. Ihr legitimes Schutzinteresse muss jetzt absolute Priorität bekommen“, so der Kirchenpräsident. Aus christlicher Sicht habe Gott alle Menschen nach seinem Bild geschaffen und ihnen so eine unantastbare Würde gegebe.

Auch Dietmar Arends, Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche, kritisierte die Zurückhaltung: Es sei zynisch, angesichts des Reichtums unseres Landes und des Elends der Flüchtlinge zu sagen, dass unsere Möglichkeiten begrenzt seien, und damit zu rechtfertigen nichts gegen die katastrophale Lage zu tun: "Kommunen, Städte und Kirchengemeinden stehen bereit, Menschen aufzunehmen." Arends forderte Schutz in Deutschland für konvertierte Christen. Er sei außerdem beeindruckt von dem Mut vieler Christen, wie zum Beispiel in Syrien, trotz allem ihren Glauben zu leben und zerstörte Kirchen wiederaufzubauen: "Wer aus der Hoffnung lebt, der findet sich nicht ab mit der Welt, wie sie ist."

Aktuell leben nach Angaben des griechischen Bürgerschutzministeriums etwa 42.500 Migranten verteilt auf griechischen Inseln wie Lesbos, Samos und Kos. Die eigentliche Kapazität liegt bei rund 6000 Plätzen. Unter den Geflüchteten befinden sich zahlreiche Kinder und Jugendliche. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hat inzwischen angekündigt, dass es eine sogenannte Koalition der Willigen aus sieben Staaten gebe. Diese wollten Griechenland insgesamt 1600 Flüchtlinge abnehmen, insbesondere unbegleitete Minderjährige. Die Innenminister wollen nun über das weitere Vorgehen beraten.


Quelle: Lippe/EKHN