Mit Erinnerungskultur Verantwortung übernehmen

80 Jahre Zweiter Weltkrieg: Landeskirchen erinnern an den Angriff auf Polen


Luftangriff auf Wieluń am 1. September 1939 © Wikimedia

Nicht nur in Deutschland fanden zahlreiche Gottesdienste und Gedenkveranstaltungen statt. Auch in Warschau erinnerten Christen in einem ökumenischen Gottesdienst an den Beginn des Zweiten Weltkriegs.

EKD, ACK und Polnischer Ökumenischer Rat feierten in der Warschauer Trinitatiskirche in Warschau gemeinsamen Gottesdienst zum Gedenken an den Beginn des Zweiten Weltkrieges. Die Stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Dr. h. c. Annette Kurschus, betonte in ihrer Predigt die Kraft und die Bedeutung der Erinnerungskultur: „Sich erinnern ist keine leichte Übung. Eine Zumutung bisweilen. Sich erinnern zwingt dazu, hinzuschauen und nachzufühlen. Sich erinnern ruft zur Verantwortung und fordert zur Stellungnahme heraus.“

Bischof Jerzy Samiec, Präsident des Polnischen Ökumenischen Rates, sagte in seiner Predigt: „Wenn wir uns heute an den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erinnern, sollten wir Christen von unserer Verantwortung für unsere Gegenwart und Zukunft sprechen“. Um diese Verantwortung zu übernehmen, würden Christinnen und Christen über drei Instrumente verfügen. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), Erzpriester Radu Constantin Miron, forderte, dass die Geschehnisse des 1.September 1939 nicht in Vergessenheit geraten dürften: „Gedenken ist in der Kirche nicht etwas ausschließlich Rückwärtsgewandtes; es findet immer seine Anwendung im Hier und Heute.“

Auch die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat am 1. September mit zahlreichen Gottesdiensten und Veranstaltungen an den Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren erinnert. In dem zentralen Gedenkgottesdienst in der Frankfurter Lutherkirche appellierte die Stellvertretende Kirchenpräsidentin der EKHN, Ulrike Scherf, am Sonntag an die Mitverantwortung aller für den Frieden. Sie wies darauf hin, dass auch der Zweite Weltkrieg „nicht vom Himmel fiel und über Nacht kam“.  Er sei „vor aller Augen“ und mit großer Unterstützung der Bevölkerung vorbereitet worden.

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg und seinen verheerenden Folgen habe ein Umdenken stattgefunden, so Scherf. Auch die Kirchen hätten sich mit ihrer Schuld und dem eigenen Versagen im Krieg auseinandersetzen müssen. Vor allem durch den Ökumenischen Rat der Kirchen, der nach dem Ende des Krieges 1945 gegründet wurde, seien Impulse für eine friedlichere und gerechtere Welt ausgegangen. Als Beispiel nannte sie etwa die von den Kirchen getragene „Aktion Sühnezeichen“, die jungen Menschen eine Auseinandersetzung mit den Folgen des Krieges ermögliche.

Martin Heimbucher, Kirchenpräsident der Evangelisch-reformierten Kirche, hat in einem Interview und in einer Videobotschaft an den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren erinnert. Am 1. September begann mit dem deutschen Überfall auf Polen der größte militärische Konflikt der Menschheitsgeschichte. Heimbucher nannte den Weltkrieg einen Ausdruck des Größenwahns und der Zerstörungslust, von Beginn an ein Verbrechen. Durch den systematischen Völkermord an den europäischen Juden, aber auch an Polen, Russen und anderen Völkern, habe er sich zu einem beispiellosen Extrem gesteigert. Eine Lehre aus dem Krieg müsse sein, dass die Würde des Menschen heilig sein müsse. Für die Kirchen müsse gelten, dass sie um des Glaubens willen niemals gemeinsame Sache machen dürfe mit diktatorischen Regimes. Heimbucher betont: "Nie wieder darf die Christenheit ihre Verwurzelung im Judentum verleugnen."


Quellen: EKHN/EkvW/ErK