Das Bilderverbot habe dementsprechend auch keine Relevanz für die imago-dei-Lehre, der Gottebenbildlichkeit des Menschen nach Genesis 1,26, so Mertin.
Am Beispiel der Niederlande zeigt er, wie der reformatorische Bildersturm die „Profanität der Künste und die Privatisierung der Kunstaneignung“ beschleunigte. Die „Andachtsfunktion“ der Bilder mit biblischen Motiven wich der „Unterhaltungsfunktion“ von Kunstwerken, die nicht explizit für Kirchen in Auftrag gegeben werden.
Nach seinem Durchgang durch die Kunstgeschichte im 21. Jahrhundert angekommen, sieht Mertin im Ausstellungskonzept des White Cube eine Chance auch für reformierte Kirchen Bilder in ihren Räumen auszustellen und plädiert für eine Ethik der Gastfreundschaft gegenüber der zeitgenössischen Kunst.
Die Geste des weißen Raums eröffne Menschen einen Frei-Raum. Sie können von der Mehrdeutigkeit eines Bildes lernen, „dass es eine Chance und Bereicherung sein kann, mehr als nur eine Verstehensmöglichkeit wahrzunehmen“.
Seine „reformierte Ästhetik“ entfaltet Andreas Mertin als Beitrag zum Reformationsdekandenjahr „Bild und Bibel“ in zehn auf einander folgenden Kapiteln auf reformiert-info:
02 – Du sollst Dir kein Kultbild machen
03 – Christus, die Befreiung der Künste zur Profanität
04 – Eine reformierte Kunsttheorie avant la lettre
05 – Bildersturm – Kein dunkles Kapitel
06 – Zwingli und Calvin und die Folgen für die Kunst
07 – Reformierte Ästhetik als neues Kulturparadigma
08 – The White Cube: Glaube gewinnt Raum
09 – Holzwege: die Gefahr der Erstarrung
10 – GeistesGegenwart: Zeitgenössische Kunst
Andreas Mertin, Dr. phil. h.c., geb. 1958 in Hagen/Westfalen,
Studium der Theologie, Philosophie und Kunstgeschichte,
freiberuflich tätig als Medienpädagoge und Ausstellungskurator.
Herausgeber der Internet-Zeitschrift
Tà katoptrizómena - Magazin für Theologie und Ästhetik.
Mehr Infos: www.amertin.de
bs, Februar 2015