Die Kompetenz zu widerständiger Besonnenheit schließt u.E. einen „Kampf gegen den Terrorismus“ keineswegs aus. Allerdings kann es dabei nicht um einen ‚Krieg gegen den Terrorismus‘ gehen, sondern um nationale bzw. internationale Verbrechensbekämpfung mit rechtsstaatlichen Mitteln. Dies zu betonen ist uns wichtig, da die Gefahr besteht, den Rechtsstaat (und mit ihm etwa die individuellen Freiheitsrechte) bzw. das Völkerrecht gegen die Terrorabwehr auszuspielen und zugunsten derselben zu opfern.
Was das Völkerrecht betrifft, so gehörte in der Zeit des ‚Kalten Krieges‘ die Blockade im UN-Sicherheitsrat durch das Vetorecht der Großmächte mehr oder minder zu den „Existenzbedingungen der UN“ (Wolfgang Lienemann). Die Handlungsfähigkeit der UN war durch dieses völkerrechtliche Vetorecht jedoch immer wieder eingeschränkt. Nach dem Ende des Systemkonflikts zwischen Ost und West haben sich ähnliche Mechanismen ausgeprägt, die insbesondere die Erteilung von UN-Mandaten zur Friedenssicherung blockieren. Die weitgehenden rechtlichen Kompetenzen zur Intervention kommen dadurch nicht zum Zuge. Die unmittelbaren Opfer können nicht geschützt werden, wie der Kosovo und der Syrien-Konflikt zeigen. Darum sind alternative Möglichkeiten für Friedenseinsätze wichtig.11
Wir befürworten ausdrücklich die Leitidee eines „gerechten Friedens durch Recht“, wie sie die EKD-Friedensdenkschrift von 2007 entfaltet hat.12 Die Denkschrift setzt auf eine rechtsverbindliche, internationale Friedensordnung, die dem Vorrang ziviler Konfliktbearbeitung verpflichtet ist. Sie betont die Grenzen des rechtserhaltenden Gebrauchs militärischer Gewalt und bindet die Anwendung von Zwangsmitteln an strenge ethische und völkerrechtliche Kriterien. In dieser Leitidee des „gerechten Friedens durch Recht“ sehen wir eine angemessene Wahrnehmung der staatlichen Aufgabe, „in der noch nicht erlösten Welt, in der auch die Kirche steht, nach dem Maße menschlicher Einsicht und menschlichen Vermögens unter Androhung und Ausübung von Gewalt für Recht und Frieden zu sorgen“ (Barmen V).
Im Zusammenhang der völkerrechtlichen Blockade ist auch der Umstand zu nennen, dass weder die USA noch Russland als Mitgliederstaaten dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag beigetreten sind und dessen Autorität und Vollmacht somit nicht anerkennen. Russland hat jüngst seine Unterschrift unter dem Statut des ICC zurückgezogen. Auch China und Indien lehnen die Idee eines Internationalen Strafgerichts ab, das als überstaatliche Instanz gegründet wurde, um weltweit Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verfolgen. Die Durchsetzung des Völkerstrafrechts und eine internationale Strafjustiz sind jedoch unverzichtbar, damit die Verantwortlichen für Völkermord, Kriegsverbrechen und Angriffskrieg nicht ungestraft davonkommen.
Wenn mit den Mitteln des internationalen Strafrechts effektiv gegen hartnäckige und brutale Menschenrechtsverletzungen vorgegangen werden soll, dann kann dies nur überzeugend geschehen, wenn alle Staaten diese übergeordnete Justiz zuverlässig anerkennen. Biblischtheologisch steht uns die zeitkritische Vision des Propheten Jesaja vor Augen, der die Völker zum Zion kommen sieht, um dort rechtliche Weisung (nach Art eines Schiedsgerichts) zu erhalten: „Und Gott wird Recht sprechen zwischen den fremden Völkern und richten zwischen vielen Völkern. Dann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Lanzen zu Winzermessern umschmieden. Kein fremdes Volk wird mehr gegen ein anderes sein Schwert erheben, und niemand wird mehr Kriegshandwerk lernen.“ (Jes 2,4)
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